So habe ich den Putsch erlebt

Er sagt: „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.“Altintas wohl bald Teamkollege

Nur wenige Stunden dauerte der Putschversuch, dann hatte die türkische Regierung die Lage wieder unter Kontrolle. Ex-HSV-Kicker Tunay Torun (26) war mittendrin, als Teile des Militärs versucht hatten, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu stürzen. In der MOPO spricht der 26Jährige über die Horrornacht – und seinen baldigen neuen Teamkollegen: HSV-Talent Batuhan Altintas (20)!

In der kleinen türkischen Stadt Balu absolviert Tunay Torun momentan das Trainingslager mit seinem Klub Kasimpasa. Am vergangenen Freitag machte das Team einen Ausflug ins nahe gelegene Ankara. Glück im Unglück, dass der Tross bereits um 18 Uhr zurück ins Hotel aufbrach. Nur wenige Stunden später eskalierte die Lage in der Türkei dramatisch. Teile von Istanbul und Ankara wurden abgeriegelt, Schüsse fielen, Kriegsgerät überall, viele Todesopfer.

„Ich konnte es zunächst nicht glauben, dachte, das ist nicht real“, erinnert sich der Angreifer. Gemeinsam mit seinen Teamkollegen verfolgte er die Situation gebannt. „Ich habe mir natürlich große Sorgen gemacht, meine Frau war zu dem Zeitpunkt in Izmir. Tankstellen und Supermärkte wurden leergekauft. Das war der pure Wahnsinn!“

Vor allem die ausländischen Spieler seien „unter Schock“gewesen, erinnert sich Torun, der von 2006 bis 2011 beim HSV kickte. „Wir Einheimischen haben sie dann versucht zu beruhigen. Man kann sagen, dass wir am Ende mit einem blauen Auge davongekommen sind.“

Turbulente Monate liegen hinter dem Tempodribbler, denn das Leben in der Türkei hat sich maßgeblich verändert. „Meine Frau und ich überlegen uns, wo wir ausgehen, meiden Großveranstaltungen.“Verstecken will sich Torun aber nicht: „Davon wird es auch nicht besser.“

Einer, der sich ebenfalls nicht von der aktuellen Lage abschrecken lässt, ist HSV-Talent Batuhan Altintas. In der abgelaufenen Saison kam er nur 26 Minuten zum Einsatz, jetzt soll er für ein Jahr an Toruns Klub verliehen werden . Nur noch letzte Vertragsdetails sind zu klären. „Das ist ein guter Schritt für ihn, bei uns wird er sich wohlfühlen“, weiß Torun und will den Youngster unter seine Fittiche nehmen. Gut für Altintas: Trainer Rıza Çalımbay (53) sei „ein Förderer von Talenten, aber man muss ihm von der ersten bis zur letzten Minute zeigen, dass man es auch unbedingt will“, so Torun.

Als Stammspieler bei Kasimpasa muss er es ja am besten wissen.

Vom HSV berichtet Philipp Simon

Versuchen trotz der Lage in der Türkei ihr gemeinsames Leben in vollen Zügen zu genießen: Büsra und Tunay Torun Vor dem Präsidenten-Palast mit Moschee in Ankara wurde in der Nacht zu Sonnabend ein Auto angezündet.