Steine gegen Pizzabäcker
Sternschanze Jill Bittner (32) hat ein Restaurant eröffnet – und wurde plötzlich zum Feindbild
Von OLAF WUNDER
Einen schwereren Start in die Selbstständigkeit hätte Jill Bittner kaum haben können: Noch vor Eröffnung ihres Restaurants schmissen ihr Unbekannte mehrfach die Fenster ein oder warfen ihr Böller ins Lokal. Und wie oft ihr von Passanten der Stinkefinger entgegengestreckt wurde, hat sie nicht gezählt. Blanker Hass schlägt ihr entgegen.
Der Grund: Ihr Restaurant „Jill“, das vor einer guten Woche Eröffnung feierte, befindet sich im Schanzenhof, wo es seit Monaten Proteste gibt (MOPO berichtete). Ehemalige Mieter, darunter auch das alternative Hotel Schanzenstern, erhielten vom Hausbesitzer die Kündigung und mussten gehen.
Darüber sind viele Anwohner verärgert – und lassen ihre Wut nun an den Nachmietern aus. Vor allem das neue „Pyjama-Hotel Schanzenviertel“trifft es, aber auch Jill Bittner wird angefeindet, schließlich befindet sich ihr Restaurant dort, wo ehemals die Gastronomie des Hotels „Schanzenstern“war.
Der unausgesprochene Vorwurf: eine Art Kriegsgewinnlerin zu sein. Dass sie profitiere vom Umgemach anderer. Dass sie sich unsolidarisch verhalten habe, als sie einwilligte, die Nachfolge anzutreten. Doch Bittner will das nicht akzeptieren.
Die 32-Jährige, die eigentlich gelernte Cutterin ist, arbeitet seit 15 Jahren in der Gastronomie. Alles hat sie schon gemacht: gekellnert, Teller abgewaschen, gekocht. „Ich habe lange davon geträumt, mich selbstständig zu machen. Als hier Räume frei und mir angeboten wurden, habe ich zugeschlagen. Nicht mehr und nicht weniger.“
Schickimicki ist das „Jill“überhaupt nicht, und so haben es die Gegner gar nicht so leicht, ihr Feindbild aufrechtzuerhalten. „Ich merke, dass sich der Rauch langsam verzieht und man mich akzeptiert“, erzählt Bittner. Sie sei keine Tochter aus reichem Hause, die von Papi den Laden finanziert bekommt, damit ihr nicht so langweilig ist, sagt sie. „Nein, ich bin ein Kind der Schanze, bin hier aufgewachsen, und mit dem Lokal habe ich alles auf eine Karte gesetzt.“Das merken die Leute. „Ich gehe auf jeden lächelnd zu, und plötzlich fällt es ihnen schwer, mich zu hassen.“
Morgens bietet Bittner den Gästen des „Pyjama Hotels“Frühstück an – natürlich ist auch jeder andere Gast willkommen. Abends gibt es Pizza, und zwar nicht irgendwelche: Sie wird in einem Original-Pizzaofen aus Neapel gemacht, bei 450 Grad Hitze. 60 bis 90 Sekunden nur, dann ist sie fertig. Und schmeckt lecker!
„Jill“, Bartelsstraße geöffnet wochentags 7.30 Uhr bis 23 Uhr, 9 bis 23 Uhr 12, von Wochenende