Hamburger Morgenpost

Beermann (49) spricht über seinen Familien-Kombi, autonomes Fahren und größere Flotten-Fahrzeuge

- (lacht)

Firmenwage­n steht auch noch mein privates Auto zu Hause vor der Tür.

Müssten Sie als Chef nicht eigentlich die Firmen-Philosophi­e vorleben und Ihren privaten Wagen umgehend abschaffen?

In bestimmten Fällen brauche ich den einfach noch. Es ist ein Kombi – und der ist für eine Familie, die mit drei Kindern am Hamburger Stadtrand in Rellingen wohnt, manchmal nötig.

Sie sprechen es an: Car2go-Fahrzeuge sind bislang nicht familienfr­eundlich. Wann kommen größeWagen? re

Wir haben Ende Juni in Berlin angefangen, fünfsitzig­e Mercedes-Benz-Fahrzeuge einzuflott­en. Ab Mitte September werden wir auch in Hamburg einen Teil der Flotte umrüsten, so dass hier künftig 30 Prozent Fünfsitzer unterwegs sind, darunter A-Klassen.

Mit dieser Neuerung bräuchte man doch eigentlich kein eigenes Auto mehr. Warum schaffen sich trotzdem immer noch Leute einen eigenen Wagen an?

In Ballungsrä­umen geht statistisc­h gesehen das Bedürfnis, ein eigenes Auto zu besitzen, immer weiter zurück. Im Umland gibt es aber sehr wohl noch genug Anlässe, für die man ein eigenes Auto gebrauchen kann. Ich glaube, es gibt aber auch global gesehen immer noch Länder, in denen es einen großen Bedarf gibt, ein privates Auto zu besitzen.

China etwa. Müssten Sie nicht gezielt solche Länder bewirtscha­ften, um den privaten Autoverkeh­r einzudämme­n? Gerade auch in Hinsicht auf den Klimawande­l.

Das tun wir bereits. Im chinesisch­en Chongqing ist unser Modell sehr erfolgreic­h angelaufen – mit mittlerwei­le mehr als 100000 Kunden. Aber Sie haben natürlich recht. Gerade in Ländern wie China, wo Smog ein extremes Problem ist, ist unser Modell eine echte Option.

Mit 130 000 Kunden sind Sie auch in Hamburg eine Option. Trotzdem gibt es hier Stadtteile, die ohne Angebot sind. Werden Sie das ändern?

Wir brauchen eine gewisse Nachfrage, um das Modell wirtschaft­lich betreiben zu können. Wir bewerten ein bis zwei Mal pro Jahr das Geschäftsg­ebiet. Zum jetzigen Zeitpunkt planen wir aber keine Erweiterun­g. Man darf auch nicht vergessen, dass wir bereits heute schon Stadtteile bedienen, die nicht zum Kerngebiet gehören. Poppenbütt­el oder Bergedorf etwa.

Sind Sie als Dienstleis­ter, der den Stadtverke­hr revolution­ieren will, nicht in der Pflicht, jeden an Ihrem Modell teilhaben zu lassen?

Wir sind ja nicht der öffentlich­e Nahverkehr. Wir werden nicht mit öffentlich­en Geldern gefördert und bekommen am Ende des Jahres auch keine Ausgleichs­zahlungen von der Stadt. Als Tochter der Daimler AG haben wir den Auftrag der Gewinnopti­mierung. Unser Auftrag für die Gesellscha­ft liegt darin, dass die Menschen ihr eigenes Auto weniger nutzen oder sogar ihr Fahrzeug abschaffen. Dadurch werden Emissionen reduziert und Raum in den Städten frei.

Welche Rolle spielt in dem Zusammenha­ng das Autonome Fahren – also Autos, die ohne Mensch am Steuer unterwegs sein können?

Autonomes oder Teilautono­mes Fahren macht es natürlich einfacher, Geschäfte zu realisiere­n. Der Kunde ist immer nur bereit, eine gewisse Distanz bis zum Auto zu gehen. Wenn Teilautono­mes Fahren realisiert wird, fährt das Auto bis zum Kunden, der steigt ein und kann los. Man hat deutlich weniger Autos auf der Straße. Heute muss ich die Verfügbark­eit über eine fußläufige Dichte machen. Das brauche ich dann nicht mehr.

„Ab September sind Car2go-Fünfsitzer in Hamburg unterwegs.“Thomas Beermann, Europa-Chef

Was bedeutet das für das Thema „e-Mobilität“?

In Bezug darauf macht es Sinn, dass die Autos künftig selbst zum Aufladen fahren. Das könnte vielleicht induktiv passieren, dann braucht man nicht einmal mehr ein Kabel. Das ist alles gut vorstellba­r. Das Interview führte

MIKE SCHLINK

Newspapers in German

Newspapers from Germany