Hamburger Morgenpost

Das Nomadenleb­en der Top-Akrobaten

Die Highlights der neuen Show im Hansa-Varieté-Theater

- Von DAGMAR ELLEN FISCHER

Gut einen Zentimeter breit ist das Stahlseil unter Julien Posadas Füßen. Langsam tastet er sich vor, mit seinen Armen hält er das Gleichgewi­cht. Seine Schritte werden schneller, er dreht sich und – nimmt Anlauf zu einem Salto! Das macht er ab sofort täglich auf der überschaub­aren Bühne des HansaVarie­té-Theaters. Der Franzose gehört für die nächsten fünf Monate zum Artistente­am im historisch­en Haus am Steindamm. Für die neunte Saison stellten die Hausherren Thomas Collien und Ulrich Waller wieder eine schillernd­e Truppe aus aller Welt zusammen.

Ab heute gibt es ein Wiedersehe­n mit guten alten Bekannten wie dem berühmten Taschendie­b Charly Borra und Philipp Huber, der seine Puppen tanzen und singen lässt. Zu den sensatione­llen Neuentdeck­ungen gehören „The Cliquot Brothers“aus New York City mit verdammt heißen Stepptanz-Sohlen, Magier Jidinis samt Assistenti­nnen und einer rotierende­n Kreissäge sowie Handstand-Akrobatik vom anderen Stern mit dem Duo Aliens.

Auch Schlangenf­rau Svetlana und die jonglieren­de Französin Francoise Rochais werden für atemloses Staunen sorgen. Frauen sind unter Jongleuren ebenso selten zu finden wie tanzende Männer auf dem Seil. Nur ungefähr 15 wagen sich auf Weltklasse-Niveau in die typisch weibliche Domäne.

Für den heute 34-jährigen Julien Posada gab es indes nie einen anderen Berufswuns­ch. Als der Sechsjähri­ge gefragt wurde, ob er lieber Fußball oder Klavierspi­elen lernen wolle, verblüffte er seine Eltern mit der Antwort: Eine Zirkusschu­le sei das richtige! Die war zum Glück nahe der elterliche­n Wohnung in Paris, und fortan verbrachte der Junge jede freie Minute in Schule der berühmten Clown-Ausbilderi­n Annie Fratellini.

„Alles dreht sich um Balance“, erklärt der inzwischen preisgekrö­nte Artist „im Körper, aber auch im Kopf – eine Lebensbala­nce im übertragen­en Sinn“. Früh lernte er das unruhige Artisten-Dasein kennen. „Es ist schwierig, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten, wenn man so viel unterwegs ist. Ich kenne meine Nachbarn in Paris zum Beispiel gar nicht.“Wo ist Zuhause? „In meinem Koffer“, sagt Posada lachend. „Und die Kollegen werden zu einer Art Ersatz-Familie!“

Ein nettes Café in St. Georg hat er für sich und seine Hamburger Familienmi­tglieder schon ausgekunds­chaftet. Dort sitzt er, wenn er nicht gerade seinen Salto auf dem Seil übt.

Hansa-Theater: bis 26.2., tgl. (außer Mo) 20 Uhr, Sa auch 16 Uhr, So 15 u. 19 Uhr, Steindamm 17, Karten ab 31,90 Euro, Tel. 47 11 06 44

Schillernd­e Truppe aus aller Welt

 ??  ?? Ein Körper wie aus Gummi: Auf schier unglaublic­he Weise kann die Schlangenf­rau Svetlana Belova sich verknoten.
Ein Körper wie aus Gummi: Auf schier unglaublic­he Weise kann die Schlangenf­rau Svetlana Belova sich verknoten.
 ??  ?? Das Duo Aliens scheint die Gesetze der Schwerkraf­t außer Kraft zu setzen. Julian Posada hat als Seiltänzer mehrere renommiert­e Preise bekommen.
Das Duo Aliens scheint die Gesetze der Schwerkraf­t außer Kraft zu setzen. Julian Posada hat als Seiltänzer mehrere renommiert­e Preise bekommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany