Vor sieben Jahren waren
Trainer:
Von PATRICK BERGER
Beim Lesen der folgenden Zeilen werden dem einen oder anderen HSV-Fan sicherlich Tränen in die Augen schießen. Sieben Jahre ist es her, als sich der Liga-Dino (unter Bruno Labbadia) nach einem furiosen 3:1Sieg über Köln am 30. August 2009 an die Tabellenspitze der Bundesliga ballerte. Und heute? Letzter! Was ist seither passiert? Eine Analyse.
Sportlich:
Der HSV sonnte sich 2009 noch eine ganze Weile auf Rang eins und wurde am Ende Siebter. Zudem gab es das späte Aus im Halbfinale der Europa League gegen Fulham – auf Hamburger Seite spielten Boateng, Zé Roberto, van Nistelrooy oder Petric. Die Klubführung hatte (noch) höhere Ansprüche – Trainer Labbadia wurde damals zwischen den beiden Duellen mit Fulham gefeuert. Fortan ging es sportlich stetig bergab. Es folgten 2010/2011 (Rang acht) und 2012/2013 (Rang sieben) immerhin zwei Ausreißer nach oben. Doch eben auch die schlimmen Zitter-Saisons auf Rang 15 (2011/2012) sowie in der Relegation (2013/2014 und 2014/2015). Das vergangene Jahr schloss man auf Rang zehn ab.
Kontinuität? Fehlanzeige! Der HSV tauscht seine Trainer in trauriger Regelmäßigkeit. Zehn davon verbrannte der Klub in den zurückliegenden sieben Jahren – Interimslösungen wie Cardoso, Arnesen oder Knäbel ausgenommen. Thorsten Fink war zwischen 2011 und 2013 mit fast zwei Jahren der Trainer, der sich am längsten hielt. Kein Wunder, dass Markus Gisdol vorsichtshalber nur einen Vertrag bis Saisonende unterschreiben wollte ...
Im Sommer 2009 entbrannte ein Machtkampf zwischen Sportchef Dietmar Beiersdorfer und Vorstands-Boss Bernd Hoffmann, der am Ende im Aufsichtsrat zu einer „Entweder-oder-Entscheidung“führte. Beiersdorfer zog den Kürzeren – und ging. Seither gelang es nicht, den Verein in ruhiges Fahrwasser zu führen. Die Folge: ständige Personalwechsel auf allen Ebenen. Hinzu kam ständiger Zwist zwischen den Führungsgremien, was zu Personalentscheidungen führte, hinter denen am Ende niemand so recht stehen wollte. Die verheerende VerschleißBilanz seit 2009: fünf Sportchefs, zehn Trainer. 2014 kehrte Beiersdorfer dann als Hoffnungsträger zum HSV zurück. Doch der derzeitige Boss und Sportchef muss sich ankreiden lassen, den Klub nicht spürbar nach vorn gebracht zu haben.
Über Jahre hinweg vernachlässigte der HSV seinen Nachwuchs, Top-Talente wie Tah
Führungspersonal: Infrastruktur:
oder Öztunali machten sich aus dem Staub. Jetzt soll Boden gutgemacht werden. Vor zwei Jahren wurde Bernhard Peters als „Direktor Sport“verpflichtet, im Frühjahr 2017 feiert er die Eröffnung des neuen HSV-Campus. Das neue Nachwuchsleistungszentrum (Kosten: rund 14 Millionen Euro) wird eine Fläche von 4000 Quadratmetern haben, bietet Wohnraum für 16 Talente (U14 bis U21). Nebenan wird zudem ein neuer Kunstrasenplatz gebaut. Damit wird der HSV bald sechs Trainingsplätze haben. Top! Die Weichen für die Zukunft sind im Nachwuchsbereich gestellt.
Am 25. Mai 2014 stimmten 86,9 Prozent für eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung in eine AG.
Perspektive:
Das machte den Weg für Investoren frei. Seither steckte Gönner und Edel-Fan Klaus-Michael Kühne (besitzt rund elf Prozent Anteile) etliche Millionen Euro in den Verein. Allein in diesem Jahr machte er für Transfers 32 Millionen Euro frei. Kühne ist Fluch und Segen zugleich: Ohne ihn wäre der HSV längst am Ende. Doch der Verein ist auch vom Milliardär abhängig. Das mittelfristige Ziel ist Europa – doch davon ist man derzeit weit entfernt. HSV und St. Pauli? Beide aktuell Letzter! Vor sieben Jahren sah das noch anders aus. Damals waren unsere Klubs nach vier Spielen jeweils Spitzenreiter! Ein Blick zurück.