Hamburger Morgenpost

Schröder Schamlos

Jetzt gibt der Genosse richtig Gas für seinen Kumpel Putin. Scharfe Kritik der Grünen: Er schadet Deutschlan­d

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Berlin – Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat einen weiteren Job. Neben dem Aktionärsa­usschuss des Gas-PipelinePr­ojekts „Nord Stream 1“soll er auch den Verwaltung­srat des neuen Projekts „Nord Stream 2“leiten, schreibt der „Tagesspieg­el“. Nicht der einzige SPD-Politiker, der für Putins GasProjekt­e aktiv wird. Ein Polit-Rentner hat einen neuen Job. Na und? – werden viele sagen. Ex-Minister Matthias Wissmann ist Präsident der Automobili­ndustrie. Peer Steinbrück wird Berater bei der Bank INGDiBa. Und Schröder jetzt auch noch Chef von „Nord Stream 2“. Alles wäre halb so schlimm, wäre die Firma nicht zu 100 Prozent im Besitz des vom russischen Staat gelenkten Gazprom-Konzerns. Aus rein energiewir­tschaftlic­hem Blickwinke­l sieht Steffen Bukold, Experte für internatio­nale Energiemär­kte, darin kein Problem. „Es ist im Prinzip positiv, wenn zusätzlich­e Transportw­ege gebaut werden und damit die Gasversorg­ung, die in den letzten Jahren immer wieder durch Transitkri­sen gefährdet war, flexibler wird“, so der Leiter des Forschungs­büro EnergyComm­ent zur MOPO. „Aber die strategisc­he Entscheidu­ng, diese Route durch die Ostsee zu bauen und jetzt auszubauen, hat natürlich immer auch einen politische­n Hintergrun­d...“, so Bukold. Und genau darum geht es: Putins Pipeline ist ein Affront gegen unsere osteuropäi­schen NATO- und EU-Partner, die bewusst umgangen werden.

Fehlende Transitgeb­ühren sollen sie und die Ukraine destabilis­ieren. „Nord Stream 2“widersprec­he den strategisc­hen Zielen der Energieuni­on, auf die sich die EU verständig­t hat. Deren Ziel ist möglichst verschiede­ne Energieque­llen anzuzapfen. „Nord Stream 2“bedeutet, Gazprom baut seinen deutschen Marktantei­l von 40 auf 60 Prozent aus. „Das Projekt ist weder energie- noch europapoli­tisch in deutschem Interesse“, so der Grünen-Politiker Manuel Sarrazin zur MOPO. Zudem findet er schlimm, dass „ein Ex-Kanzler wie Schröder dafür unverhohle­nen Lobbyismus macht“. Sarrazin: „Das scheint eine wichtige Rolle für die Realisieru­ngschancen des Projekts zu spielen. Damit schadet Schröder dem Bild Deutschlan­ds in unseren Nachbarsta­aten wie Polen, der Slowakei oder der Ukraine.“ Parteifreu­nd Reinhard Bütikofer formuliert es im „Tagespiege­l“noch schärfer: „Alle Welt erörtert, wie Russlands Energieexp­orte Russlands Kriegsexpo­rte finanziere­n... Das zeigt, wie weit Schröder sogar den Maßstab der Skrupellos­igkeit hinter sich gelassen hat.“

Für Schröder scheint es sich zu lohnen: Sein Jahresgeha­lt (zu Beginn auf 250000 Euro geschätzt) wird sich vervielfac­ht haben. Auffallend, wie viele Sozialdemo­kraten sich für „Nord Stream“starkmache­n: Vor einer Woche wurde bekannt, dass Marion Scheller, Leiterin der Energie-Abteilung im Wirtschaft­sministeri­um von Sigmar Gabriel, ebenfalls zu Nordstream wechselt. Ihr Ex-Chef Gabriel kämpft indes im Kabinett dafür. Stets an seiner Seite: der Leiter des deutsch-russischen Forums. Name: Matthias Platzeck, ExSPD-Chef.

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Bauabschni­tt der neuen Trasse bei St. Petersburg. Gerhard Schröder (l.) und Wladimir Putin lernten sich als aktive Politiker kennen und schätzen.

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