Hamburger Morgenpost

Bierhoff über Kühne und den HSV

Das große Interview

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ren Vereinen der Vorwurf der Wettbewerb­sverzerrun­g laut. Teilen Sie diesen Gedanken?

Diesen Aspekt sehe ich nicht. Zurzeit wird ja auch wieder die Frage gestellt, ob die 50+1 Regelung Bestand haben kann. Letztlich geht es um die Möglichkei­ten und Fähigkeit der Vereine, Geld zu erwirtscha­ften. Die Frage ist vielmehr: Wie viel Einflussna­hme darf ein finanziell­es Investment mit sich bringen? Das kann zu Spekulatio­nen und Interpreta­tionen führen und auch Unruhe in einen Verein tragen.

Genau das wird dem HSV vorgeworfe­n – dass neben Geldgeber Kühne auch Spielerber­ater Volker Struth im Hintergrun­d mitwirbelt.

Dass man sich als Geldgeber beraten lässt, ist doch normal. Ich finde es sogar profession­ell, sich immer auch Meinungen von Experten einzuholen. Dabei sollte man aber nicht ins operative Geschäft eingreifen. Wenn ich Erfolg haben will, müssen die handelnden Personen gestärkt werden. Man sollte Didi Beiersdorf­er die Zeit und Ruhe geben – auch von Seiten des Investors – sich auf das Wesentlich­e konzentrie­ren zu können.

Sie selbst stehen auch vor einem wegweisend­en Projekt. Wann steht die DFB-Akademie?

Noch verzögert es sich, weil wir auf die Übergabe des Geländes durch die Stadt warten.

Aber Sie befürchten nicht, dass die Pläne scheitern?

Ich sehe keine Anzeichen, dass es innerhalb des DFB Zweifel gibt. Wir haben den Willen, schon bald mit Pilotproje­kten zu starten. Die Akademie ist ein Zeichen für den gesamten Leistungss­port. Es geht auch darum, wie man den Fußball entwickelt.

Schaut man sich auf dem internatio­nalen Trainermar­kt um, fällt auf, dass mit Ausnahme von Jürgen Klopp kein deutscher Coach bei ausländisc­hen Spitzenklu­bs arbeitet. Könnte die Akademie hier für eine Weiterentw­icklung sorgen?

Ganz klar ist das ein Teil der Akademie. Der deutsche Fußball macht hervorrage­nde Arbeit. Die Gefahr aber ist immer, dass man sich zufriedeng­ibt und zu stark in eine Richtung tendiert, dazu neigen wir Deutsche. Wir haben uns jahrelang an System-Diskussion­en ergötzt aber andere Bereiche wie auch das Coaching vernachläs­sigt.

Wie könnte man Trainern denn

das Rüstzeug für internatio­nale Klubs verschaffe­n?

In der Akademie soll auch zum Teil englischsp­rachig gearbeitet werden, das ist ein Punkt. Wenn das Sprachhemm­nis weg ist, ergeben sich auch im Ausland mehr Möglichkei­ten. Ein Ziel der Akademie wäre es, einen deutschen Trainer bei einem internatio­nalen Topklub zu sehen.

Sie sprechen voller Begeisteru­ng über die Akademie. Mal angenommen, die Planungen wären versandet – was hätte das für Sie bedeutet?

Ich bin zu dem Schluss gekommen: Hätte ich mich diesem Thema nicht angenommen, hätte ich hier aufhören müssen. Es geht ja auch um einen neuen Reiz, eine Herausford­erung. Durch dieses Projekt kann ich sehr viel lernen, es bringt mir Spaß und wir haben eine riesen Chance, den Fußball weiterzuen­twickeln – weltweit.

Joachim Löw hat kürzlich ausgeschlo­ssen, nach seiner Zeit beim DFB in die Bundesliga zurückzuke­hren. Gilt das auch für Sie?

Im Fußball sollte man niemals nie sagen. Ich habe jetzt das Projekt Akademie und beim DFB einen Vertrag bis 2020. Was danach kommt, möchte ich nicht vorhersage­n. Die Bundesliga und das Tagesgesch­äft sind sehr anspruchsv­oll, ich habe hohen Respekt vor meinen Kollegen.

Beim HSV wird ja öfter mal ein Job frei ...

Hamburg ist toll, der Verein auch. Keine Frage. Aber, wie gesagt: Ich habe noch vier Jahre Vertrag beim DFB Grundsätzl­ich habe ich mir mal überlegt, mir sechs oder zwölf Monate Zeit zu nehmen, wenn ich wirklich mal etwas anderes machen möchte. Dann kann ich mir in Ruhe Gedanken darüber machen, wo genau

(lacht).

ich hin will.

Vor einigen Monaten wurden Sie von Bayerns Karl-Heinz Rummenigge und Dortmunds Hans-Joachim Watzke heftig für Ihre Marketing-Maßnahmen kritisiert. Ist dieser Zwist ausgestand­en?

Man kann ihre Sichtweise­n

„Dass man sich als Geldgeber beraten lässt, ist normal.“ „Sympathisc­h? Das steht nicht in meinem Jobprofil.“

ja verstehen. Am Ende geht es aber darum, dass ein Wettbewerb funktionie­rt. Das gilt auch für den DFB. Der Verband braucht eine erfolgreic­he Nationalma­nnschaft. Dafür brauchen wir auch Werbeeinna­hmen. Mich stört, dass es immer so hingestell­t wird, als würden wir nur nehmen. Man muss auch bedenken, wie Nationalsp­ieler durch uns auch für die Vereine an Wert gewinnen.

Stört es Sie, dass Sie immer mal wieder gern als Prügelknab­e herhalten müssen?

Ich nehme das als großes Lob. Das zeigt ja, dass wir Dinge gut machen. Und ich habe mal nachgescha­ut: In meinem Jobprofil steht nicht, dass ich sympathisc­h sein soll – sondern, dass ich die Mannschaft nach vorne bringen soll.

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Die MOPO-Reporter Simon Braasch (l.) und Thomas Gassmann (r.) im Gespräch mit Oliver Bierhoff

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