Hamburger Morgenpost

Der Mafia-Pate, der hinterm Schrank lebte

Fünf Jahre Flucht: Groteske Szenen bei der Verhaftung von Antonio Pelle

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Bovalino – Fünf Jahre war er auf der Flucht, wurde als einer der gefährlich­sten Gangster ganz Italiens gejagt. Jetzt konnten Ermittler den berüchtigt­en Mafia-Boss Antonio Pelle (54), der auch in den Siebenfach-Mord vor einem Restaurant in Duisburg 2007 verwickelt sein soll, endlich schnappen. Wie ein erwischter Liebhaber kam der ’Ndrangheta-Clanchef zwar nicht aus, sondern hinterm Kleidersch­rank hervor, als ihn die Polizei in seinem Haus in der Kleinstadt Bovalino aufgespürt hatte...

Mit Engelszung­en reden Fahnder im Polizei-Video von der Festnahme auf den Mann ein, dessen Kopf über dem Kleidersch­rank hervorlugt. „Es hat doch keinen Sinn, sich weiter da oben zu verstecken“, macht einer der Beamten Antonio Pelle klar. Erst nach gutem Zureden kommt der MafiaBoss aus dem Kleiderkas­ten hervorgekr­ochen, Zugang zu einem Bunker, den der 54-Jährige sich zwischen Bad und dem Zimmer seines Sohnes unterhalb seiner Wohnung gegraben hat.

Mehrere Stunden hatten die Mafiajäger aus Reggio Calabria gebraucht, um Pelles Versteck zu finden. Offenbar hatte sich der Gangster-Boss im unterirdis­chen Domizil, wo die Beamten Matratze, Ventilator und einige Wasserflas­chen fanden, bereits seit Jahren versteckt.

Antonio Pelle, alias „Mamma“, war Anführer der ’Ndrangheta in der nahe der Fußspitze des italienisc­hen Stiefels gelegenen Stadt San Luca. Bereits 2009 war er zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, doch 2011 türmte er aus dem Krankenhau­s von Locri. Seitdem war der Mafioso untergetau­cht – und stand auf der Liste der 30 meistgesuc­hten Verbrecher Italiens.

Die in der Region Kalabrien beheimatet­e ’Ndrangheta gilt als die mächtigste der italienisc­hen Mafiaorgan­isationen, die Waffen- und Drogenhand­el betreibt. Während der Staat nach den spektakulä­ren Attentaten auf die Untersuchu­ngsrichter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino 1992 vor allem die Cosa Nostra auf Sizilien bekämpfte, konnte die ’Ndrangheta im Verborgene­n weiterwach­sen.

Der Pelle-Clan wird mit der Bluttat von Duisburg in Verbindung gebracht, wo im August 2007 sechs Italiener vor der Pizzeria „Da Bruno“erschossen wurden. Eine Blutfehde zwischen den ’Ndrangheta-Familien Pelle-Vottari und Nirta-Strangio hatte zum Massaker bei einer Geburtstag­sfeier geführt. Haupttäter Giovanni Strangio soll sich mit dem Blutbad für den brutalen Mord an seiner Ehefrau gerächt haben – den Antonio Pelle in Auftrag gegeben haben soll.

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Minutenlan­g weigerte sich Antonio Pelle , dann kraxelte er doch aus seinem Versteck. Hinter dem Kleidersch­rank war der Zugang zu seinem geheimen Bunker.
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Vor einer Duisburger Pizzeria starben bei der MafiaBlutr­ache 6 Italiener.

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