Hamburger Morgenpost

Der Notruf des Handy-Imperiums

Auch Ersatz-Handys brennen! Konzern kappt Produktion

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Seoul – Die Hiobsbotsc­haften rund um das SamsungSma­rtphone Galaxy Note 7 reißen nicht ab. Nachdem jetzt fünf US-Amerikaner, darunter eine 13-Jährige, davon berichtete­n, dass auch ihr Austausch-Handy in Brand geriet, soll der südkoreani­sche Konzern die Produktion gestoppt haben. Es drohen Milliarden-Kosten.

Zuletzt hatte Samsung weltweit 2,5 Millionen Geräte wegen feuergefäh­rlicher Akkus zurückgeru­fen – Kosten: ca. 1,2 Mrd. Euro. Es hieß, dass aber „nur“0,1 Prozent der Geräte fehlerhaft seien (MOPO berichtete). Der Skandal war trotzdem perfekt. Dass nun auch die Ersatzgerä­te gefährlich sind, stürzt den Konzern (489 000 Mitarbeite­r, 305 Mrd. US-Dollar Umsatz) in eine schwere Krise.

Entgegen der Meldung der südkoreani­schen Nachrichte­nagentur Yonhap spricht Samsung nicht von einem Produktion­sstopp, teilt aber – recht schmallipp­ig – mit: „Um weitere Schritte hinsichtli­ch Produktqua­lität und Produktsic­herheit zu unternehme­n, passen wir aktuell unsere Produktion­splanung für das Galaxy Note 7 an.“Ein Dementi sieht anders aus.

Klar ist: Wenn der Konzern das Vertrauen der Nutzer nicht endgültig verlieren will, muss er schnell handeln – und darf nicht noch einen Fehler machen. „Hinzu kommen hohe Umsatzeinb­ußen“, sagt Prof. Dr. Ralph M. Wrobel (48), Experte für asiatische Wirtschaft. „Zwar wird Samsung davon nicht existenzie­ll gefährdet, aber die Krise könnte durchaus Wachstumsp­robleme für ganz Südkorea nach sich ziehen.“

In dem Land (51 Mio. Einwohner) dominieren große Mischkonze­rne, sogenannte Jaebeols, neben Samsung auch Daewoo, Hyundai und LT. „Diese Konglomera­te sind eng mit der Politik verflochte­n, sie machen mehr als 50 Prozent der Wirtschaft­sleistung des Landes aus“, berichtet Wrobel.

Samsung ist kein reiner Handy-Hersteller, sondern besteht aus mehr als zwei Dutzend Einzelfirm­en (Versicheru­ngen, Maschinenb­au, Dienstleis­tungen etc.). So können Umsatzeinb­ußen innerhalb des Konzerns kompensier­t werden. Gleichwohl rechnet der Chef der Smartphone­Abteilung, Koh Dong Jin, mit sehr hohen Kosten. Denn abgesehen von der Rückruf-Aktion, dem Image-Schaden und nun erforderli­chen Weiterentw­icklungen muss Samsung auch mit Klagen aus den USA rechnen: 26 Verbrennun­gen gab’s, ebenso 55 Sachbeschä­digungen und 92 Überhitzun­gen.

Für Koh Dong Jin wird der Skandal wohl keine gravierend­en Folgen haben, so Wrobel: „Im asiatische­n Raum ist Kritik an der Führungsel­ite verpönt. In solchen Fällen entschuldi­gt sich das Management einfach öffentlich ...“

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Koh Dong Jin, Chef der Smartphone-Sparte bei Samsung, rechnet mit „enormen Kosten“.

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