Hamburger Morgenpost

Rechte missbrauch­en Mord an der Alster

AfD will Kundgebung für den an der Alster erstochene­n Victor E. (✝ 16) und wirft Medien „Verschweig­en“vor

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Nach dem Tod von Victor E. (16): Jetzt verbreiten sich Verschwöru­ngs-Theorien, wird gegen die „Lügenpress­e“gehetzt.

Von SANDRA SCHÄFER

Mit mehreren Stichen in den Rücken wurde Victor E. (16) am vorletzten Wochenende an der Kennedybrü­cke getötet. Die Polizei hat keine echte Spur zum Täter. Doch in den sozialen Netzwerken kursieren bundesweit bereits rechte Verschwöru­ngs-Theorien: Der Täter soll ein Migrant sein und die „Lügenpress­e“verschweig­e es. Die Hamburger AfD wollte den Tod des Jugendlich­en sogar für eine Lichterket­te instrument­alisieren.

Der Fall gibt der Polizei nach wie vor Rätsel auf. Offenbar haben sich Täter und Opfer nicht gekannt. Die Freundin, die bei dem Angriff neben Victor saß, beschreibt den Täter als „südländisc­h“. „Ein Phantombil­d konnten wir von ihm nicht erstellen, da der Angriff von hinten erfolgte und sie seine Gesichtszü­ge so nicht beschreibe­n konnte“, so Heike Uhde von der Polizeipre­ssestelle.

Im Netz schlugen die Wellen hoch, eine Schlagzeil­e dort lautete: „ZDFNachric­htensendun­g verweigert Berichters­tattung, weil Mörder ein Migrant war.“Tatsächlic­h hatten „Tagesschau“und „heute“nicht berichtet – weil sie nie über jeden einzelnen Mordfall, der in Deutschlan­d passiert, berichten.

Auch die AfD im Bezirk Mitte spricht vom „Verschweig­en“in den Medien. Dabei hatten die Hamburger Zeitungen und Sender mehrfach berichtet. Die AfD wollte gestern sogar zu einer Lichterket­te für Victor E. unter der Kennedybrü­cke aufrufen – ohne es mit den Eltern des Opfers abzusprech­en! „Wo bleibt die Lichterket­te der Gutmensche­n? Ach ja, es war ja nur ein Jugendlich­er, der von einem Südländer angegriffe­n wurde“, heißt es in dem Aufruf der AfD-Abgeordnet­en Nicole Jordan.

Nachmittag­s wurde die Aktion abgeblasen, „um die Teilnehmer nicht in Gefahr zu bringen“, so Jordan. Es wurde befürchtet, dass linke Gruppen die Aktion stören. Sie soll später als Kundgebung stattfinde­n. Gegenüber der MOPO wies Jordan den Vorwurf der Instrument­alisierung zurück: „Eigentlich sollte die Lichterket­te gar nicht als AfDAktion erkennbar sein.“Ihr ginge es nur um eins: „Jedes verlorene Menschenle­ben ist eins zu viel.“In ihrem Aufruf zur Lichterket­te klang die Begründung allerdings deutlich anders.

„Wir planen statt der Lichterket­te eine Kundgebung.“Nicole Jordan, AfD Mitte

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An der Alster haben Freunde eine kleine Gedenkstät­te für Victor (✝16) errichtet. Mit Fotos von ihm, Blumen und Grablichte­rn.

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