Die Schande von Schmölln
Forderten Anwohner Flüchtling zum Selbstmord auf? „Schlimmste Form des Rassismus“
Schmölln – „Spring doch!“, sollen Zuschauer gerufen haben, als der erst 17 Jahre alte somalische Flüchtling in seiner Unterkunft auf dem Fensterbrett stand. Dann sprang der Jugendliche tatsächlich aus dem fünften Stock. Vor laufenden Handy-Kameras der Anwohner. Entsetzt rätselt der thüringische Ort über die Schande von Schmölln.
Im März war der Jugendliche von Somalia über den Sudan, die Sahara und über das Mittelmeer nach Europa gekommen, fand dann schließlich in Thüringen Zuflucht in der Obhut des Schmöllner Jugendamtes. Vor seinem Suizid absolvierte er laut MDR eine Woche lang eine Therapie in der Psychiatrie von Stadtroda, bevor er in eine Wohngruppe für unbegleitete Flüchtlinge in Schmölln zurück kam. Der 17-Jährige soll traumatisiert gewesen sein, an Depressionen gelitten haben. Kurz vor der Tat habe er in der Unterkunft randaliert, weshalb die Polizei alarmiert wurde. Als die Beamten eintrafen, stand der Flüchtling schon auf der Fensterbank im fünften Stock. Er sprang neben das von der Feuerwehr gespannte Sprungtuch, starb kurz darauf.
Die Polizei ermittelt, ob Anwohner den Jugendlichen zum Suizid aufgefordert haben. Bisher gibt es aber keinen konkreten Hinweis: „Wir haben dort keine Person brüllen hören oder ähnliches“, sagte ein Sprecher der Landespolizei. Auch eine Mitarbeiterin der Einrichtung erklärte bei einer Befragung, die Worte „Spring doch“seien so nicht gefallen. Sie habe gemeint, etwas Ähnliches gehört zu haben.
Es sei auch kein besonderer Auflauf an Schaulustigen gewesen, so der Polizeisprecher weiter. Allerdings gebe es im Plattenbau sehr viele Balkone und immer Menschen, die irgendetwas rufen könnten.
Sollten Schaulustige vor Ort gewesen und auch Rufe gefallen sein wie ,Spring doch“, ist das nicht tolerierbar, schrieb Schmöllns Bürgermeister Sven Schrade (SPD) auf „Facebook“, „es ist verachtenswert, ja unmenschlich. Leider erreichten mich heute auch Bildaufnahmen, die den Jungen auf dem Fensterbrett sitzend zeigten, versehen mit unbegreiflichen Kommentaren.“Auch die Thüringer LinkenPolitikerin Martina Renner reagierte entsetzt mit den Worten, „grauenhafter kann Rassismus kaum sein“.