Hamburger Morgenpost

Jetzt kommen die

Testphase beendet: Ab Januar dürfen die mehr als 25 Meter langen „Gigaliner“auf die Straße. Was

- Von MIKE SCHLINK

25,25 Meter lang, mehrere Tonnen schwer und möglicherw­eise die Zukunft des Lkw-Verkehrs – die sogenannte­n Gigaliner sind bislang als Feldversuc­h in der Bundesrepu­blik unterwegs. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CDU) hat für 2017 nun jedoch den Regelbetri­eb angekündig­t. Damit rollen diese Monstertru­cks ab Januar auch auf Hamburg zu.

Man stelle sich einen normalen Sattelzug vor und hänge dort noch einen knapp acht Meter langen Anhänger dran: Knapp 160 dieser LangLkw touren seit 2012 auf ausgewählt­en Routen durch die Republik. Wahrschein­lich ab Januar wird diese Zahl deutlich steigen.

So geht die Bundesanst­alt für Straßenwes­en (BASt) davon aus, dass bis zu 10 000 dieser Riesenlast­er auf den Straßen unterwegs sein werden, wenn aus dem Feldversuc­h der Normal-Betrieb wird – und der steht kurz bevor. Alexander Dobrindt hatte zuletzt eine entspreche­nde Verordnung auf den Weg gebracht, alle Bundesländ­er, mit Ausnahme von Berlin und Saarland, haben daraufhin ihre Teilnahme an dem Regelbetri­eb zugesagt.

Das heißt jedoch nicht, dass diese XXL-Fahrzeuge nun durch jede Straße brummen können. „Sie dürfen nur auf einem 11600 Kilometer langen, festgelegt­en Straßennet­z fahren und mit 40 Tonnen nicht mehr zuladen als die herkömmlic­hen Laster“, erklärt Stefan Sass, Geschäftsf­ührer des Vereins Hamburger Spediteure. In der Innenstadt würde zum Beispiel kein Monstertru­ck anliefern.

Die Verkehrsbe­hörde hat nämlich gemeinsam mit der Innenbehör­de ein Streckenne­tz abgestimmt – und das beschränkt sich bislang auf die Autobahnen, die Strecke zu Airbus in Finkenwerd­er, Teile des Harburger Hafens sowie die Köhlbrandb­rücke und Randgebiet­e von Wilhelmsbu­rg und der Veddel.

Erste Fahrzeuge hatte bislang unter anderem Kühne + Nagel getestet. „Im laufenden Feldversuc­h setzen wir Lang-Lkw gezielt im Verkehr von einem Standort in WestMeckle­nburg bis zum Güterverte­ilzentrum Bremen ein“, so Sprecher Karl Olaf Petters. Für die Unternehme­nskunden sei der Transport per Lang-Lkw attraktiv, weil die mit jeder Fahrt transporti­erte Menge deutlich steige und damit die Stückkoste­n senke.

Ausgerechn­et der ADAC mahnt jedoch an, dass dieser Vorteil dazu führen könnte, dass noch mehr Güter von der Schiene auf die Straße verlegt werden. „Um die Umwelt und die Infrastruk­tur zu schonen, sollte es weiterhin erklärtes Ziel sein, Waren verstärkt auf dem Schienenwe­g zu transporti­eren“, sagt ADAC-Sprecher Hans Duschl.

Doch auch mit den Gigalinern wird die Umwelt geschont – und zwar durch den geringeren Kraftstoff­verbrauch. „Wir bedienen unsere etwa 178 km lange Strecke mit drei Lang-Lkw im 24Stunden-Rundlauf. Verglichen mit konvention­ellen Lkw verringert sich die Zahl der gefahrenen Kilometer um 119 600 jährlich“, so Petters. Jeder Lang-Lkw spart demnach pro Jahr 30 000 Liter Diesel. Kein Wunder also, dass ausgerechn­et die Monstertru­cks bereits „ÖkoLiner“genannt werden.

Doch die meisten Autofahrer werden sich eher fragen, wie sicher die Riesending­er sind. Immerhin ist das Gespann nicht nur extrem lang, sondern dürfte dabei auch einen ziemlich großen toten Winkel haben. Laut BASt sind gewisse Bedingunge­n an eine Genehmigun­g für die Lang-Lkw geknüpft, etwa eine Heck-Kamera.

Einen extra Führersche­in

Die Umwelt wird mit den Lkw geschont.

brauchen Lkw-Fahrer nicht. Nach Angaben des ADAC müssen Fahrer jedoch mindestens fünf Jahre Berufserfa­hrung nachweisen können.

Gänzlich unbedenkli­ch seien die Giganten jedoch auch dann nicht: „Gefährlich können diese Fahrzeuge besonders im Stadtverke­hr und auf der Landstraße sein. Auch erhöht sich die Zeit, die für das Überholen eines Lang-Lkws benötigt wird“, so Duschl. Der Zwischenbe­richt der BASt zum Pilotversu­ch mit Lang-Lkw aus dem Jahr 2014 habe zudem festgestel­lt, dass es einige Alltagspro­bleme im Einsatz gebe. Zwar kämen Lang-Lkw theoretisc­h gut durch Kreisverke­hre, in der Praxis seien allerdings Randbereic­he, benachbart­e Fahrstreif­en oder Bankette befahren worden. „Zudem passen die Fahrzeuge nicht in Nothaltebu­chten, die in Tunneln nicht verlängerb­ar sind“, so Duschl. Ebenso würden sich Probleme auf Parkplätze­n ergeben. Die sind nämlich auf die bisherigen Lkw ausgelegt.

 ??  ?? Wegen seiner enormen Länge kann ein Gigaliner schon einmal die Straße beim Abbiegen verstopfen. Ab 2017 dürfte dieser Anblick häufiger sein.
Wegen seiner enormen Länge kann ein Gigaliner schon einmal die Straße beim Abbiegen verstopfen. Ab 2017 dürfte dieser Anblick häufiger sein.
 ??  ?? Dickes Ding: ein Lang-Lkw im Einsatz
Dickes Ding: ein Lang-Lkw im Einsatz

Newspapers in German

Newspapers from Germany