Der mächtigste Mann von St. Pauli
Krisen-Klub baut vor allem auf seine Kompetenz als Sportchef
ANSATZ: 14 Begegnungen gab es bislang zwischen St. Pauli und Kaiserslautern in der Bundesliga oder eine Klasse drunter. Kein Spiel ging unentschieden aus. Vielleicht ein gutes Omen: Ewald Lienen gewann als Trainer der Braun-Weißen alle drei Duelle gegen den FCK.
VORSATZ: Am 7. Januar kommenden Jahres bestreitet der Kiezklub gegen Drittligist VfL Osnabrück ein Testspiel am Millerntor. Anstoß ist um 14 Uhr. Ungewöhnlich: Beide Trainer vereinbarten eine Spielzeit von zweimal 60 Minuten. Das Winter-Trainingslager findet vom 12. bis zum 22. Januar in Sotogrande in Andalusien statt. Als er im Sommer 2015 kam, staunte ganz FußballDeutschland. Andreas Rettig entschied sich nach seiner Zeit bei der DFL nicht für die Bundesliga, sondern für die Geschäftsführung beim FC St. Pauli. Nun soll er den Zweitligisten durch kluge Entscheidungen als Sportchef vorm Sturz in die 3. Liga bewahren. Denn er ist mittlerweile der mächtigste Mann am Millerntor.
Dass er den Manager-Job, den er nach dem Aus von Thomas Meggle auf Bitten von Präsident Oke Göttlich zusätzlich auf das Auge gedrückt bekam, bestens kann, das hat er schon mehrfach bewiesen. Rettig lieferte in Freiburg, Köln und Augsburg überaus vorzeigbare Arbeit ab, genießt einen ganz ausgezeichneten Ruf.
Sein Auftreten in der Öffentlichkeit strahlt nicht nur wegen seiner Redegewandtheit Kompetenz aus. Und: Er eiert nicht herum, trifft klare Aussagen nach den Spielen und – wie gerade in der MOPO – zur Trainerdiskussion um Ewald Lienen. Vor allem auf sein Wissen und auf seine Routine baut St. Pauli in seiner schwersten Krise seit Jahren. Auch der auf der Kippe stehende Lienen hat eine hohe Meinung von ihm und akzeptiert, dass Rettig ihm auf die Finger schauen muss: „Andreas ist ein erfahrener Sportdirektor über lange Jahre hinweg, auch wenn er es jetzt längere Jahre nicht gemacht hat. Er hat Erfahrung und ist jetzt ganz nah dran, um beurteilen zu können, wie wir arbeiten. Ob wir richtige Schritte einleiten, ob wir die Mannschaft erreichen Ein Herz für St. Pauli: Dennoch droht Ewald Lienen das Aus. oder ob man denken müsste, das funktioniert alles nicht und man müsste andere Dinge tun.“
Genauso wichtig ist das Netzwerk des 53-Jährigen. In der Winterpause werden drei, vier neue Profis für die Wende gebraucht. Leihspieler aus der Bundesliga könnten da besonders gut helfen. Wenn einer dies ermöglichen kann, dann Rettig, der stärkste Mann von St. Pauli. Am 1. September 2015 hatte Andreas Rettig seinen ersten offiziellen Arbeitstag am Millerntor als Geschäftsstellenleiter.