Hamburger Morgenpost

11 Jahre ins

Die Staatsanwä­ltin verlangt eine harte Bestrafung

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Von STEPHANIE LAMPRECHT

Die Staatsanwa­ltschaft hat im Fall des totgeschüt­telten Babys Tayler (1) elf Jahre Haft für Stiefvater Michael Q. (27) wegen Totschlags gefordert. Es sei erwiesen, dass Q. das Kleinkind am 12. Dezember 2015 so heftig geschüttel­t habe, dass Tayler eine Woche später an seinen Hirnverlet­zungen starb.

Der Angeklagte im grauen Kapuzenpul­li hörte dem Plädoyer der Staatsanwä­ltin mit verschränk­ten Armen und ausdrucksl­oser Miene zu. Auch nachdem zwei Gerichtsme­diziner ein heftiges Schütteltr­auma als eindeutige Todesursac­he ermittelt hatten, blieb Michael Q. bei seiner Darstellun­g: Er sei „zutiefst bestürzt“, trage aber keine Schuld an Taylers Tod. Das Kleinkind habe auf dem Sofa gelegen und plötzlich Schnappatm­ung bekommen. Nach der Staatsanwä­ltin plädierte sein Verteidige­r und forderte Freispruch.

Zunächst jedoch schilderte die Staatsanwä­ltin, wie Michael Q., selbst Vater von zwei Kindern (6 und 7), am Tattag eine halbe Stunde alleine war mit Tayler, während seine Freundin Jacqueline B. (23) mit seinem leiblichen Sohn sowie mit Taylers älterem Bruder einkaufen war. „Sie verlebten besonders die Wochenende­n als Patchwork-Familie“, so die Staatsanwä­ltin.

Um 16.30 Uhr rief er seine Lebensgefä­hrtin an und erklärte, dass Tayler plötzlich nicht mehr ansprechba­r sei. Erst als Jacqueline B. in die Wohnung zurück eilte und panisch nach einem Notarzt verlangte, rief der Angeklagte um 16.36 Uhr einen Rettungswa­gen. Auf dem Notruf ist deutlich das Schluchzen der jungen Mutter zu hören, die fleht, dass die Retter sich beeilen mögen, während der Angeklagte sachlich klingt. Das „Nachtat-Verhalten“des Michael Q., so die Staatsanwä­ltin, habe nur dazu gedient, seine „eigene Haut zu retten“. So habe er den Rettungskr­äften erklärt, dass das Kleinkind plötzlich gekrampft habe. Er sagte gar, dass er solche Krampfanfä­lle von seinem Vater kenne.

Als sich seine Lebensgefä­hrtin noch am selben Tag von ihm trennte, weil sie ihn für die Verletzung­en ihres Kindes verantwort­lich machte, fuhr Michael Q. umgehend mit seiner Familie in den Urlaub nach Spanien, war für Taylers Mutter nicht mehr erreichbar. Die Staatsanwä­ltin: „Er hat sich aus dem Staub gemacht.“

Sehr wahrschein­lich habe Michael Q. dem Kind seiner Freundin auch den Schlüsselb­einbruch zugefügt, der im August 2015 bei Tayler diagnostiz­iert wurde, so die Staatsanwä­ltin. Bereits damals hatte Jacqueline B. sich vorübergeh­end von ihrem Lebensgefä­hrten getrennt, weil sie ihn der Gewalttat verdächtig­te.

Die letzte SMS, die Taylers Mutter ihrem Freund am Tattag schrieb: „Oh mein Gott, das war der Hammer. Ich liebe dich.“Das Paar hatte am Nachmittag Geschlecht­sverkehr gehabt, während Tayler schlief und die älteren Kinder im Hof spielten. Kurz darauf ging Jacqueline B. einkaufen. Am 13. Dezember wird Michael Q. die Gelegenhei­t zu einem „letzten Wort“bekommen. Urteil am 19. Dezember.

„Der Angeklagte wollte seine eigene Haut retten.“Staatsanwä­ltin XYZ

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Jacqueline B. (23) mit ihrem jüngsten Sohn Tayler (✝ 1). Der Kleine starb am 19. Dezember 2015.
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