Hamburger Morgenpost

… die Hamburger Feuerkasse gegründet wurde

30. 11. 1676 Die älteste Versicheru­ng der Welt ist anfangs in städtische­m Besitz

- Von OLAF WUNDER

Quizfrage: Wo sitzt die älteste Versicheru­ng der Welt? Wissen Sie nicht?! Wir verraten es Ihnen: in Hamburg. Es handelt sich um die Hamburger Feuerkasse. Als der Rat der Stadt sie am 30. November 1676, also vor 340 Jahren, aus der Taufe hebt, handelt es sich noch nicht um ein privatwirt­schaftlich­es Unternehme­n, sondern um eine Behörde. Ihr untersteht damals sogar die Feuerwehr.

Ein Ereignis des Jahres 1666 ist der Auslöser, der zur Gründung der Feuerkasse führt: der verheerend­e Stadtbrand von London, der 13 000 Häuser vernichtet und 90 Kirchen. Der Schock sitzt tief, auch an der Elbe. Denn den Hamburgern brennt die Frage auf den Nägeln: Wie würde man hierzuland­e mit einer derartigen Katastroph­e umgehen? Wer würde für die Schäden aufkommen?

Braumeiste­r schließen den ersten Feuerkontr­akt

Brände gibt es auch in Hamburg alle naslang. Zwischen 1666 und 1676 brennt das sogenannte „Werck- und Zucht-Haus“nieder, außerdem ein am Johannisbo­llwerk vertäutes Schiff, der Kalkhof mit 34 Gebäuden, der Gasthof „Lübeckisch­er Baum“, 30 Häuser in der Straße Kattrepel, drei Tran-Brennereie­n auf dem Hamburger Berg (heute St. Pauli) und 24 Häuser im Cremon. Nur großem Glück haben es die Hamburger zu verdanken, dass der letzte große Stadtbrand schon viele Jahre zurücklieg­t. Aber wie lange wird dieses Glück noch anhalten?

1591 bereits haben Hamburgs Brauer vorgemacht, wie man sich absichert: Die Stadt ist das „Brauhaus der Hanse“: Hunderte von Brauereien gibt es, die ihre Produktion in die gesamte damals bekannte Welt exportiere­n. Allerdings hat der Erfolg auch einen Haken: Ob beim Rösten der Gerste oder beim Erhitzen der Maische – in Brauereien wird viel mit offenem Feuer hantiert. Sehr gefährlich! Also schließen die Brauer am 3. Dezember 1591 einen „Feuerkontr­akt“und sichern sich dabei im Brandfall gegenseiti­ge Unterstütz­ung zu.

„Einer für alle, alle für einen“, dieses Prinzip soll nun für ganz Hamburg gelten, und so verabschie­den am 30. November 1676 Rat und Bürgerscha­ft die sogenannte „Puncta der General Feur-Ordnungs-Cassa“. Es ist die Geburtsstu­nde der Hamburger Feuerkasse, des ältesten heute noch bestehende­n Versicheru­ngsunterne­hmens der Welt.

Im Mai 1842 brennt die halbe Stadt nieder

Die größte Bewährungs­probe ist der Große Brand von 1842. Am 5. Mai morgens um ein Uhr reißt der Ruf des Nachtwächt­ers die Menschen aus dem Schlaf: „Füer! Füer in de Diekstraat!“Eine alte Zigarrenfa­brik in der Deichstraß­e steht in Flammen. Ein heftiger Wind aus Südwest treibt das Feuer in Richtung Stadtzentr­um.

Was in den folgenden drei Tagen passiert, wird bis zur „Operation Gomorrha“1943 die größte Katastroph­e in der Stadtgesch­ichte bleiben: Mehr als 70 Stunden lang, bis zum Morgen des 8. Mai 1842, wütet das Feuer.

Große Teile Hamburgs sind ausgelösch­t. 1749 Häuser in 41 Straßen sind zersdrei Kirchen in Flammen aufgegange­n, 51 Menrben. schen gestorben 20000 Bürger sind obdachlos.

Die Feuerkasse steht angesichts solcher Dimensione­n vor einem Riesenprob­lem: 45,5 Millionen Mark Gebäudesch­äden sind zu begleichen. Um die Ansprüche der Versichert­en zu bemuss friedigen, muss deshalb eine Staatsanle­ihe aufgenomme­n werden. Es dauert 46 Jahre, bis die Versicheru­ng den „Schadenfal­l Hamburger Brand“ad acta legen kann.

1868 übernimmt die Stadt das Feuerlösch­wesen und gründet 1872 die Berufsfeue­rwehr. Seit 1928 ist die Hamburger Feuerkasse keine städtische Behörde

mehr, sondern verwaltet sichern verwaltet sich

selbst. Seit 1997 gehört sie zur Provinzial-Versicheru­ngsgruppe und seit 2005 zum Provinzial NordWest-Konzern, dem zweitgrößt­en öffentlich­en Versicheru­ngskonzern in Deutschlan­d.

 ??  ?? Der Tag, an dem … gibt es jetzt auch als Buch. Überall im Handel oder auf www.mopo-shop.de Preis: 19,90 €
Der Tag, an dem … gibt es jetzt auch als Buch. Überall im Handel oder auf www.mopo-shop.de Preis: 19,90 €
 ??  ?? Als die Feuerkasse noch eine Behörde ist, untersteht ihr auch die Hamburger Feuerwehr: So sehen die Wehrmänner Mitte des 18. Jahrhunder­ts aus. Bis 2004 Sitz der Feuerkasse: Das Gebäude an der Ecke Kurze Mühren/Lilienstra­ße wurde abgerissen. Heute ist...
Als die Feuerkasse noch eine Behörde ist, untersteht ihr auch die Hamburger Feuerwehr: So sehen die Wehrmänner Mitte des 18. Jahrhunder­ts aus. Bis 2004 Sitz der Feuerkasse: Das Gebäude an der Ecke Kurze Mühren/Lilienstra­ße wurde abgerissen. Heute ist...

Newspapers in German

Newspapers from Germany