Hamburger Morgenpost

Er stoppte den Lkw-Killer

Luca Scatà (29) erschoss den Terroriste­n Amri – er ist erst seit wenigen Monaten Polizist

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Mailand/Berlin – Eine einfache Passkontro­lle zu nächtliche­r Stunde ist Anis Amri (24), dem Lkw-Terroriste­n von Berlin, zum Verhängnis geworden. Gegen 3.30 Uhr nachts wollten zwei aufmerksam­e Polizisten vor dem Mailänder Bahnhof Sesto San Giovanni den Pass des verdächtig aussehende­n Mannes sehen. Der rief „Allahu akbar“, zog seine Pistole und schoss. Die Beamten erwiderten das Feuer und töteten ihn.

Offenbar zog es Amri nach Italien zurück, wo er bereits vier Jahre nach einer Brandstift­ung im Gefängnis saß. Der Tunesier soll Italienisc­h gesprochen haben. Mailand ist außerdem ein bekannter Anziehungs­punkt für Islamisten. Möglicherw­eise hatte Amri Fluchthelf­er in Berlin und in Italien.

Bei ihm wurden Bahnticket­s gefunden, die belegen sollen, dass er über Chambéry in Frankreich und Turin nach Mailand gefahren war. Ausweispap­iere hatte er nicht bei sich.

Die beiden Polizisten gaben zwei Schüsse auf Amri ab. Einer traf den Brustkorb und war tödlich. „Es scheint absurd, dass ein Terrorist dieses Kalibers zufällig entdeckt wurde bei einer normalen Kontrolle – aber so war es“, sagte der Mailänder Polizeiprä­sident Antonio de Lesu zum Ablauf.

Nach Abgleich der Fingerabdr­ücke, die bei den italienisc­hen Behörden seit 2011 gespeicher­t sind, stand dann fest: Der Getötete ist wirklich Anis Amri. Generalbun­desan-

walt Peter Frank bestätigte später „ohne Zweifel“den Tod des mutmaßlich­en Terror-Angreifers auf einen Weihnachts­markt in Berlin am Montagaben­d. Nun ermittele man gegen Helfer und Mitwisser. Trotzdem bleiben ungelöste Fragen. Die italienisc­hen Behörden untersuche­n, ob die 22-Millimeter­Pistole, aus der Amri in Mailand schoss, auch bei der Entführung des Lastwagens verwendet wurde. Davon gingen italienisc­he Zeitungen aus.

In Italien wurde der Polizist Luca Scata, der Amri ohne Zögern erschossen hatte, wie ein Held gefeiert. Italien sei stolz auf ihn, sagte Innenminis­ter Marco Minniti. Scatas Kollege Cristian Movio zog sich einen Schulterdu­rchschuss zu und wurde im Krankenhau­s in Monza operiert (siehe Seite 4).

Bundesinne­nminister Thomas de Maizière zeigte sich erleichter­t über die „Ausschaltu­ng“Amris und dankte den beiden Polizisten. Leider habe sich die Sicherheit­slage für Deutschlan­d nicht geändert. Die Bedrohungs­lage bleibe hoch.

Das IS-Sprachrohr Amak veröffentl­ichte ein Bekennervi­deo. Darin schwört Amri dem IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi die Treue und kündigt den „Kreuzzügle­rn“(Christen) Rache für das Blut von Muslimen an: „Wir kommen zu euch, um euch zu schlachten, ihr Schweine.“ Der Terrorismu­sforscher Peter Neumann (London) hält das Video für echt und sprach von einem „Testament“Amris.

Die Hamburger Polizei untersucht unterdesse­n, ob Amri auch für den Mord an einem 16-Jährigen Mitte Oktober an der Alster ver antwortlic­h sein könnte. Die Mordkommis­sion habe Ähnlichkei­ten zwischen dem Terrorverd­ächtigen Amri und dem Phantombil­d in dem Hamburger Mordfall festgestel­lt, berichtete­n die Zeitungen der Funke-Gruppe. Konkrete Spuren gab es offenbar nicht.

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Er hatte eine Pistole dabei, aber keinen Pass: Trotzdem konnte Anis Amri über Frankreich per Bahn nach Turin und dann nach Mailand fahren. Dort wurde ihm eine simple Personenko­ntrolle zum Verhängnis.
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Nächtliche Spurensuch­e vor dem Mailänder Bahnhof: Unter der Glanzfolie liegt eine Leiche. Anhand der Fingerabdr­ücke stellte die Polizei später fest: Es ist der Berlin-Attentäter Anis Amri. Die Pistole des erschossen­en Terroriste­n liegt neben seiner Leiche auf dem Asphalt.
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Er stand ganz oben auf den Fahndungsl­isten in Europa: Jetzt wurde Anis Amri in Mailand erschossen.
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Eine IS-nahe Agentur veröffentl­ichte dieses Bekennervi­deo. Darauf ist Amri zu sehen, der auf einer Fußgänger-Brücke am Berliner Nordhafen mit Kopfhörern im Ohr steht.

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