„ Zebec goss mir Champagner über den Kopf“
Eklat auf der Weihnachtsfeier In unserer neuen Serie trifft Buttje Rosenfeld (seit 32 Jahren MOPO-Reporter) Hamburger Sportgrößen, die zurückblicken auf Geschichten, die sie bewegten und die sie viele Jahre danach in der MOPO erzählen. Den Anfang macht E
Wolfgang Klein (75) steht für die erfolgreichste Zeit des HSV. Aber der frühere Weitspringer und Rechtsanwalt musste trotz zweier Deutscher Meistertitel (1982 und 1983), des Europacupsiegs der Landesmeister (1983) und des Gewinns des DFBPokals (1987) auch Turbulenzen überstehen. Zum Start der neuen MOPO-Serie erzählt Klein von der Dramatik um den alkoholkranken Trainer Branko Zebec († 1988), den er im Dezember 1980 entlassen musste.
„Zebec’ Alkoholproblem wurde am 19. April 1980 für ganz Fußball-Deutschland offenkundig. Branko saß in Dortmund schwer angetrunken auf der Bank. Trotzdem konnten wir ihn noch einige Monate schützen. Das ging auch deshalb, weil die Hamburger Sportjournalisten sich lange zurückhielten, um Branko und dem HSV nicht zu schaden.
Die Situation war für uns als Verein verdammt hart. Alle schätzten ihn wegen seiner Genialität als Trainer, aber alle wussten auch um seine Ausfälle. Bei Auswärtsspielen ließen wir die Minibar in seinem Hotelzimmer ausräumen. Doch irgendwie schaffte er es dann doch immer wieder, sich Schnaps zu besorgen. Beim Auswärtsspiel auf Schalke sagte er in der Halbzeit beim Stand von 0:0: ,Jungs, duscht schön, das nächste Mal gewinnen wir wieder.’ Ich erinnere mich an unendlich viele Gespräche mit seinem Arzt, die der aus Gründen der Schweigepflicht eigentlich gar nicht hätte führen dürfen. Seine Botschaft: ,Wenn Sie ihm helfen wollen, treten Sie ihn in die Gosse. Sonst haben Sie keine Chance.’
Wir versuchten wirklich alles. Wir wollten ihn sechs Monate freistellen, eine Entziehungskur machen lassen – alles bei voller Bezahlung. Doch als er zusammen mit unserem Manager Günter Netzer bei mir in der Anwaltspraxis saß, behauptete er: ,Ich trinke doch gar keinen Alkohol.’
Bei der HSV-Weihnachtsfeier kam es zum Eklat. Ich saß bei Branko am Tisch, eigentlich war alles harmonisch. Nur unser Trainer war
komisch zu mir. Plötzlich stand er hinter mir, schüttete mir ein Glas Champagner über den Kopf und spottete: ,So, mein Präsident, jetzt kannst du mich ja rausschmeißen.’
Natürlich waren alle um uns herum geschockt und gespannt auf meine Reaktion. Was sollte ich machen? Es wäre doch bescheuert gewesen, diesen Ausraster zum Anlass zu nehmen ihn zu feuern. Ich blickte ihn an und entgegnete mit einem Lachen: ,So einfach geht das aber nicht bei uns!’
Irgendwann konnten wir ihn einfach nicht mehr halten. Zu viele fruchtlose Abmahnungen, keine Besserung, null Perspektive. Dann kam der 16. Dezember 1980. Wir hatten das letzte Hinrundenspiel gegen 1860 München mit 4:1 gewonnen und waren Tabellenführer.
Von Netzer hatte ich bereits nach dem Abpfiff gehört, dass Branko wieder total down war. Ich bat ihn, unseren Coach davon abzuhalten,
zur offiziellen Pressekonferenz zu kommen. Die eröffnete ich ohne unseren Trainer und erklärte den Journalisten: ,Lasst uns schon mal anfangen – unsere Gäste aus München müssen noch den Flieger kriegen.’
Es herrschte eine weihnachtliche Stimmung, alles war schön gedeckt. Der Saal war voll. Netzer kam – und leider auch Branko hinterher. Er ging direkt zur Bar, kippte einen Cognac und noch einen. Plötzlich herrschte absolute Stille. Branko, versuchte seine dicke Adidas-Jacke auszuziehen. Das dauerte seine Zeit. Er drehte sich um und versuchte, sie an die Wand zu hängen. Doch da gab es keinen Kleiderhaken. Die Jacke fiel runter. Genau wie die Mütze, die er ablegen wollte. Doch das störte ihn nicht. Er setzte sich, erklärte mit
schwerer nichts.’
Ein Reporter wollte sich damit nicht zufriedengeben: ,Doch noch eine Frage: Wie haben Sie denn das Spiel gesehen?’
Zebec: ,Nicht wie ihr von oben – nur Beine.’ Ich ergriff schnell das Mikro: ,Das ist doch ein schönes Schlusswort. Meine Damen und Herren. Frohe Weihnachten.’ Wir mussten handeln, in den Tagen danach waren alle Zeitungen voll mit dem erneuten Aussetzer. Es tat sehr weh, war aber unumgänglich. Hätten wir ihn nicht rausgeschmissen, wären wir wohl auch 1981 Deutscher Meister geworden. Besonders Franz Beckenbauer war nicht glücklich über diese Entscheidung, denn er war vor allem wegen Zebec aus New York zu uns gekommen.“ Zunge: ,Ich sage