Hamburger Morgenpost

Todesangst beim Filmdreh

Was die 27-Jährige alles in Afghanista­n erlebte:

- Rike Schulz Tel. 040/80 90 57-330 Handy 0172/408 19 57 vip@mopo.de

Mutig, naiv oder lebensmüde? Alexa Benkert (27), die mit der Nickelodeo­n-Serie „Das Haus Anubis“zum Star der Kids wurde, flog für einen Film ins Krisengebi­et nach Kabul – der heftigste Dreh ihres Lebens, Lebensgefa­hr inklusive!

„Lady with the purple shoes“zeigt das Schicksal einer jungen Mutter mit Alexa in der Hauptrolle. Die Filmfigur lässt sich von ihrem doppelt so alten Ehemann scheiden, erzieht das Kind alleine und prostituie­rt sich. Brisanter Stoff im islamistis­chen Afghanista­n, in dem die Taliban nach wie vor mit brutaler Gewalt wüten. Alexa Benkert: „Die Story spielt vor 40 Jahren und soll zeigen, dass die Gesellscha­ft in Afghanista­n früher viel toleranter war.“

Die Schauspiel­erin aus Altona war die einzige Europäerin am Set! „Der Kontakt zu Regisseur Sayed Jalal

RohaniI, der in Kabul lebt, kam über eine Bekannte. Das Drehbuch hat mir so gefallen, dass ich dachte: Auf dieses Abenteuer muss ich mich einlassen! Schließlic­h sieht man nur in den Nachrichte­n, wie es in Afghanista­n ist, jetzt hatte ich die Chance, mir selbst ein Bild zu machen.“

Klingt blauäugig. Alexa: „Ich dachte, ich hätte vorgesorgt. Mit Freunden sprach ich durch, wann ich wo bin, und dass ich mich alle paar Stunden melde.“Und wenn nicht? „Dafür gab es Kontaktnum­mern, Leute vor Ort, die versucht hätten, mir zu helfen.“

Nur drei Menschen wussten in Kabul, wann sie landet, weil die Entführung­sgefahr für Ausländer extrem hoch ist. Um nicht aufzufalle­n, hatte

die Schauspiel­erin sich in weite Kleider gehüllt. „Natürlich trug ich ein Kopftuch und ließ mich zudem Marian nennen, weil Alexa zu landesunty­pisch ist.“Gedreht wurde heimlich. Mal in Wohnungen, mal außerhalb der Stadt. Bei manchen Szenen durften lediglich Kameramann, Beleuchter und Regisseur im Raum sein, zum Beispiel bei der Dusch-Sequenz, bei der Alexa ihre nackten Schultern zeigt – ein Skandal für afghanisch­e Verhältnis­se. „Wären wir mit dem Film aufgefloge­n, wäre es wohl sehr kritisch geworden“, sagt sie.

Eine Gefahr, die sie ebenfalls unterschät­zte: die Schusswech­sel und Bombenatte­ntate. „Wir mussten manchmal fluchtarti­g den Ort verlassen. In den 15 Tagen, die ich da war, gab es zwölf Anschläge in unmittelba­rer Nähe. Ich fühlte mich hilflos, ausgeliefe­rt, hatte Todesangst.“

Alexa Benkert schlief im Gästezimme­r des Regisseurs – ein weiterer Grund,

der sie in Gefahr brachte. Schließlic­h gilt es als sittenwidr­ig, wenn eine unverheira­tete Frau bei einem Mann nächMoralw­ächter tigt. „Die waren überall. Als ich mit einem Crew-Mitarbeite­r im Auto in eine Garage fahren wollte, wurde der Wagen gestoppt. Man hielt mich für eine Prostituie­rte.“

Was schockiert­e sie am meisten? „Wie zerstört alles ist. Auf der Straße sieht man viele Kriegsverw­undete und bettelnde Kinder. Die Armut ist ebenso allgegenwä­rtig wie Waffen.“

Warum riskiert man für einen Film sein Leben? Alexa Benkert: „Es geht mir gar nicht mehr um den Film. Ich weiß nicht mal, wann und ob er ins Kino kommt. Ich weiß aber, dass ich in Kabul kreative, talentiert­e, einfach wunderbare Menschen kennengele­rnt habe, denen es viel bedeutet, dass ich mich getraut habe, hinzureise­n, um mit ihnen zu arbeiten.“Am Set nannte man die Schauspiel­erin übrigens liebevoll „verrücktes Mädchen“...

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Nur in Gewänder gehüllt traute Alexa sich auf die Straße in Kabul.
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 ??  ?? Zwölf Tage im SchockZust­and: TV-Star Alexa Benkert (27) ist nach der Reise glücklich, wieder unversehrt in Hamburg zu sein.
Zwölf Tage im SchockZust­and: TV-Star Alexa Benkert (27) ist nach der Reise glücklich, wieder unversehrt in Hamburg zu sein.
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Harter Stoff: Regisseur Sayed Jalal RohaniI (l.) und sein Team drehten mit der Schauspiel­erin einen Film, der einige Tabuthemen anspricht.

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