Er hat Ahnung von Tuten und Blasen!
Der Schotte Bob Ross (62) gründete das ungewöhnliche Blasorchester Blechschaden Die Münchner wirbeln die Klassikwelt auf
Der Mann ist ein Clown – und das als klassischer Musiker! Denn Robert „Bob“Ross (62), Solo-Hornist der Münchner Philharmoniker, sprudelt über vor Kalauern, OrchesterAnekdoten und Witzen. Der 1,58 Meter kleine Instrumentalist gründete vor mehr als drei Jahrzehnten „Blechschaden“, jene zwölfköpfige ErfolgsCombo aus Mitgliedern der Münchner Philharmoniker. Das Publikum bejubelt die Arrangements von Mozart bis Bon Jovi und amüsiert sich königlich über die Späße des Chefs. Mit dem hat die MOPO vor dem Konzert in Hamburg gesprochen.
MOPO: Herr Ross, bei Blasmusik denkt man hierzulande immer gleich an das Tätärätä deutscher Blaskapellen... Bob Ross:
...womit die schottische Brass-Tradition aber nichts zu tun hat. Dort spielt man ganze Beethoven-Sinfonien, arrangiert für 35 Bläser. Ihre Wurzeln hat die schottische Blasmusik in den BergarbeiterSiedlungen, wo die ersten Kapellen in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts gegründet wurden – als Ausgleich für die harte Arbeit in den Kohlegruben. Die Musik errang dann rasch eine ungeheure Popularität. Schon um 1870 gab es die ersten Wettbewerbe, die bis zu 100000 Menschen anlockten!
Als Bergarbeiterkind und fußballbegeisterter Schotte werden Sie in München kaum dem FC Bayern die Daumen drücken – für wen schlägt denn Ihr Fußball-Herz?
Für Unterhaching! Nicht nur, dass ich da gleich um die Ecke wohne, vor allem haben die einen wunderbaren Biergarten direkt neben dem Stadion – ideal in Zeiten von Alkoholverbot in
„Zu uns kommen Leute, die sonst nie ins Konzert gehen!“ Bob Ross (62)
den Stadien. Und auch wenn der Verein zurzeit nicht so erfolgreich ist: In einigen Jahren steigen sie wieder in die Bundesliga auf.
Zu einem Blechschaden-Konzert kommen fast so viele Menschen wie zu einem großen Fußballspiel – in Taipeh waren es 50 000 Besucher. Was lockt die Menschen?
Bei uns in München kommen alle Leute, die sonst nie ins Konzert gehen – Orchesterwarte, Pförtner, der Oberbürgermeister und seine Stadträte. Und denen erzähle ich dann, was hinter den Orchesterkulissen so passiert: Das interessiert das Publikum nämlich brennend! Die Bläser stehen im Orchester ja meist ganz hinten – bei Blechschaden stehen sie im Rampenlicht. Wie kam es 1984 zur Gründung der Gruppe? Das war eine Reaktion auf das strenge Leben in der „Kulturvollzugsanstalt“Philharmonie unter Maestro Sergiu Celibidache (damals Generalmusikdirektor, Anm.
der Redaktion) oder besser „Celi-Gaddafi“, wie ich ihn immer genannt habe. Ich selbst bin in Schottland im Brass-Milieu einer Bergarbeiter-Siedlung aufgewachsen und brachte damals aus einem Urlaub von dort die Noten für unser erstes Konzert mit. Einer der ersten Auftritte war übrigens im Münchner „Kaffee Giesing“von Konstantin Wecker, wo wir für Freibier gespielt haben. Das Interview führte
CHRISTOPH FORSTHOFF
Laeiszhalle: 7.1., 20 Uhr, JohannesBrahms-Platz, 53-70 Euro, Tel. (01806) 57 00 70