„Bei Bayern herrscht bedingungslose Liebe“
Der Trainer des Weihnachtsmeisters spricht über Druck, seinen Vertrag, Saisonziele und Systeme
Es war ein wechselhafter Start. Carlo Ancelotti stand als Bayern-Trainer lange in der Kritik. Nach dem beeindruckenden 3:0 gegen Leipzig ist diese allerdings verstummt. Im MOPO-Interview spricht der Coach über seine ersten Monate, seine Ziele und geheime Botschaften des Vorstands-Bosses.
MOPO: Ihr erstes halbes Jahr beim FC Bayern ist vorbei. Sind Sie zufrieden? Carlo Ancelotti:
Aber ja. Ich fühle mich sehr wohl. Der FC Bayern ist vorbildlich organisiert, unsere Mannschaft hat Qualität und die Stadt ist wahnsinnig schön. Ich kann mich nicht beklagen. Obwohl: Wir können uns noch ein wenig verbessern, aber dafür ist noch Zeit.
So? Ende Januar geht es bereits in die Rückrunde...
Die entscheidende Phase steht aber erst im Frühjahr an. Eigentlich sogar schon im Februar mit dem Start der K.o.-Phase in der Champions League. Bis dahin haben wir aber noch ein paar Wochen Ruhe. Wir werden uns bestreits möglich auf das Saisonfinale vorbereiten. Wären wir belieben, in der Hinrunde auf Hochtouren gelaufen, hätten wir das im Frühjahr bereut.
Spüren Sie den Druck in München?
Man spürt ihn bei jedem großen Klub. In München herrscht dennoch ein überaus angenehmes Klima. Der FC Bayern verkörpert Stabilität, auf all seinen Ebenen.
Sie klingen so, als würden Sie Ihren bis 2019 laufenden Vertrag am liebsten schon verlängern.
Bei den großen Klubs ist es stets kompliziert, über einen langen Zeitraum Trainer zu sein. Die Erwartungshaltung ist enorm, die Ergebnisse müssen stimmen, das macht es nicht leicht. Bei den meisten Klubs sind zwei, drei Jahre schon eine lange Zeit.
Was beeindruckt Sie bei den Bayern?
Die Fans. Sie lieben diesen Klub. Nicht, dass andere Fans ihre Mannschaft nicht aber hier ist es anders. Viel Leidendavor. schaft führt oft zu viel Kritik, bei Bayern herrscht aber bedingungslose Liebe. Als Uli Hoeneß zum Präsidenten gewählt wurde, ist mir das aufgefallen. Das imponiert mir.
Wie viel Guardiola und wie viel Ancelotti steckt im FC Bayern?
Von beiden etwas. Unter Pep hat die Mannschaft sehr erfolgreich gespielt. In meinen Augen ist es ein großer Erfolg, dreimal in Folge das Halbfinale der Champions League zu erreichen. So lautet auch mein Ziel, denn ob man dann auch das Endspiel erreicht, hängt von vielen kleinen Details ab, die man nicht immer kontrollieren kann. Wir wollen die Bundesliga gewinnen und in der Champions League so weit wie möglich kommen. Was dann auf der Zielgeraden geschieht, wird sich zeigen.
Robert Lewandowski hat dem Lockruf zahlreicher Klubs widerstanden und in München verlängert. Beruhigt?
Beruhigt war ich auch schon So wie ich wusste, was die Klubseite wollte, wusste ich natürlich auch, was der Spieler wollte.
Gilt das auch bei Philipp Lahm?
Das ist eine sehr persönliche Entscheidung. Er spielt gut, ist fürs Team sehr wichtig und hat Vertrag bis 2018. Ich denke, dass die Fans ihn gerne eine weitere Saison auf dem Rasen sehen wollen.
Sieht Uli Hoeneß ähnlich. Haben Sie den Präsidenten bereits näher kennengelernt?
Wir hatten schon die Gelegenheit, uns bei einigen Abendessen auszutauschen. Er ist sehr herzlich zu mir und ich bin mir sicher, dass Hoeneß als Präsident dem ganzen Klub helfen wird.
Weshalb?
Weil jeder ihn mag. Und weil er wie Karl-Heinz Rummenigge ein Mann vom Fach ist. Der FC Bayern ist nicht irkonzern. gendein Weltkonzern, sondern vor allem ein FußballDass er von Menschen geführt wird, die wissen, wie es in einer Kabine vor sich geht, ist von großer Bedeutung.
Und beide wissen auch, wo der Unterschied zwischen einem 43-3 und einem 4-2-3-1 ist.
Genau. Und dass wir mit unserer Fülle an Spielern viele verschiedene Systeme spielen können. Das System ist nicht der entscheidende Faktor. Entscheidend ist, wie wir spielen wollen, ob wir vertikal oder ballbesitzorientiert agieren wollen. Entscheiden wir uns in einem Spiel für letztere Variante, ist ein zusätzlicher Mittelfeldspieler natürlich von Vorteil. All das wissen die Chefs. Und sie machen unsere Spieler besser.
„Wir können uns verbessern, aber dafür ist noch Zeit.“ „Uli Hoeneß wird als Präsident dem ganzen Klub helfen.“
So?
Neulich meinte Rummenigge zu Lewandowski, dass er zwei Treffer erzielen würde. Und er erzielte zwei Treffer. Ich habe ihn gebeten, ab sofort öfter mit Lewandowski zu reden. Schadet bestimmt nicht.