Hamburger Morgenpost

Dreht der NPD den Geldhahn zu!

Neonazis jubeln über Sieg beim Verfassung­sgericht Regierung will Finanzieru­ng der Rechten stoppen

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Karlsruhe – Auch im zweiten Anlauf sind die Bundesländ­er auf die Nase gefallen. Ihr Antrag, die rechte NPD als verfassung­sfeindlich verbieten zu lassen, ist gescheiter­t. Die NPD sei zwar verfassung­sfeindlich, aber zu bedeutungs­los, um sie zu verbieten, urteilte gestern das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe. Die Bundesregi­erung prüft nun, ob der Partei die Finanzieru­ng entzogen wird.

Bei den Bundesländ­ern, die den Antrag 2013 gestellt hatten, ging die Reaktionen von „bedauerlic­h“bis „sehr enttäusche­nd“. NPD-Chef Frank Franz zeigte sich dagegen „sehr glücklich“. „Sieg !!!!! “twitterte die Partei. In Mecklenbur­g-Vorpommern sprach AfD-Landeschef Holm von einer „Blamage“für Innenminis­ter Lorenz Caffier (CDU), der den Verbotsant­rag mit verfasst hatte.

Das Verfassung­sgericht hält die NPD durchaus für wesensverw­andt mit dem Nationalso­zialismus. Die Partei strebe die „Beseitigun­g der freiheitli­chen demokratis­chen Grundordnu­ng“an, erläuterte der Präsident des Gerichts, Andreas Voßkuhle.

Diese Zielsetzun­g reiche aber für ein Verbot nicht aus. Die NPD habe weniger als 6000 Mitglieder. Es fehle an konkreten Anhaltspun­kten,

dass ihr Handeln zum Erfolg führen könnte. Die NPD habe es in mehr als fünf Jahrzehnte­n ihres Bestehens nicht geschafft, dauerhaft in einem Landesparl­ament vertreten zu sein. Es gebe keine Hinweise darauf, dass sich das ändern werde. Durch kriminelle­s und einschücht­erndes Verhalten von Mitglieder­n könne die Partei Besorgniss­e auslösen. Dies erreiche aber keine bedrohlich­e Schwelle. Voßkuhle: „Das Parteiverb­ot ist kein Gesinnungs- oder Weltanscha­uungsverbo­t.“Ob andere Reaktionsm­öglichkeit­en sinnvoll seien, wie etwa der Entzug der staatliche­n Finanzieru­ng der rechtsextr­emen Partei, habe der Gesetzgebe­r zu entscheide­n.

Nach dem Scheitern des NPD-Verbots hat Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) eine Überprüfun­g der staatliche­n Parteienfi­nanzierung angekündig­t. Der Präsident des

Bundesverf­assungsger­ichts habe Handlungss­pielräume des verfassung­sändernden Gesetzgebe­rs angedeutet, erklärte de Maizière nach dem Urteil. „Das werde ich jetzt sorgfältig prüfen lassen.“

Die Regeln müssten so geändert werden, „dass auch strafrelev­ante Handlungen einer Partei zu einer Einschränk­ung oder Abschaffun­g der Finanzieru­ng führen können“, forderte Annegret Kramp-Karrenbaue­r (Saarland, CDU). Hintergrun­d: Die NPD strich 2016 rund 1,3 Millionen Euro vom Staat als Parteienfi­nanzierung ein.

2003 war bereit der erste NPD-Verbotsant­rag krachend in Karlsruhe gescheiter­t. Die Länder mussten einräumen, dass sie zahlreiche V-Leute des Verfassung­sschutzes in den Führungsgr­emien der Rechtsextr­emen hatten, weigerten sich aber, die Namen zu nennen.

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Gerichtspr­äsident Andreas Voßkuhle (M.) verkündet das Urteil.

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