Warum wollen Menschen solche Tiere haben?
Interview Tierärztin Corinna Cornand (51) über brutale Qualzuchten
Gelähmte Hinterläufe bei französischen Bulldoggen. Möpse mit Erstickungs-Anfällen. An Darmverschluss sterbende Perserkatzen. Für ein süßes, uriges oder witziges Aussehen werden Tiere gezüchtet, die ständig Schmerzen haben und allein nicht überlebensfähig sind (MOPO berichtete). Die MOPO sprach mit der Tierärztin Corinna Cornand (51) aus Winterhude über Qualzucht.
MOPO: Frau Cornand, spricht der Tierarzt von Qualzucht? Corinna Cornand: wann einer
Wenn Hunde und Katzen eine sehr kurze Schnauze haben, stark hervorstehende Augen oder extralanges Fell und Ohren, dann ist das fragwürdig. Auch wenn sie winzig klein oder riesengroß gezüchtet werden oder ihnen Körperteile fehlen. Den Tieren werden dabei für ein gewünschtes Äußeres Schmerz, Schäden und Leiden zugefügt. So steht es nachzulesen im deutschen Tierschutzgesetz.
Aber diese Hunde und Katzen sehen meist gar nicht so aus, als hätten sie Schmerzen ...
Tiere lassen sich Schmerzen nicht so anmerken, sie nehmen das hin. Die Französische Bulldogge ist ein Paradebeispiel für ein wundervolles Wesen in einem letztendlich verkrüppelten Körper. Die Nasenlöcher sind so eng, als würde das Tier mit einer Wäscheklammer auf der Nase leben. Die Augen stehen so weit hervor, dass sie oft entzündet und verletzt sind. Und weil Die meisten Leute, die Hunde und Katzen vermehren, denken zunächst einmal an ihren Verdienst. Sie wollen ihre Welpen verkaufen und die Interessenten nicht abschrecken. Und sie nehmen ungern extra Geld in die Hand, um umfangreiche Untersuchungen machen zu lassen. So berichtete die MOPO gestern über Qualzucht.
der Schwanz fehlt, haben sie oft missgebildete Wirbel und im Alter von wenigen Jahre sind die Hinterbeine schwach bis gelähmt.
Aber ist die Französische Bulldogge nicht eine krasse Ausnahme?
Nein. Denken Sie nur an den Mops, da ist es ähnlich. Es werden heute außerdem besonders winzige Tiere (Chihuahua) und besonders große Tiere (Dt. Dogge, Wolfshund) gezüchtet. Beides sorgt für erhebliche gesundheitliche Probleme. Diese Hunde werden oft nicht alt. Gleichzeitig gibt es auch eine Tendenz, möglichst ursprüngliche Wesen zu züchten. Wie Wolfs-Hybriden oder Bengal-Katzen. Sie sind aufgrund ihrer Wildheit unterfordert und in der Stadt völlig fehl am Platz.
Was sagen die Halter, wenn sie mit ihren kranken Tieren zu Ihnen kommen?
Viele wissen vorher gar nichts über die Probleme. Etliche sagen, wenn sie gewusst hätten, auf was sie sich einlassen, dann hätten sie sich diese Rassetiere nicht angeschafft.
Aber informieren die Züchter denn nicht? Haben Sie keine Angst, dass es Ihrer Praxis schadet, wenn Sie mit dem Thema so an die Öffentlichkeit gehen?
Das kann natürlich passieren. Halter denken vielleicht, ich hätte etwas gegen Mops und Co. Das ist nicht so. Es ist mir aber eine Herzensangelegenheit, die Öffentlichkeit über die Problematik zu informieren. Das ist wirklich traurig, wenn du auf dem Behandlungstisch eine kleine Bulldogge hast, die schon im Alter von drei Jahren an Lähmungen leidet. Und das lässt sich nicht einmal operieren.
Haben Sie auch Kunden, die die Behandlung ihrer Tiere gar nicht bezahlen können?
Ja, natürlich. Die Behandlungen, die Medikamente, das Spezialfutter. Das läppert sich. Ich übernehme dann manchmal auch ein Tier von einem Halter. Etwa eine Katze mit einem Herzfehler. Oft gehen die Tiere aber auch zu uns ins Tierheim. Und da sind sie auch zunächst gut aufgehoben, weil sie behandelt werden.
MOPO: Aber gibt es nicht auch schon eine Rückbesinnung? Etwa beim Mops?
Ja, es werden wieder Möpse mit längeren Schnauzen gezüchtet. Da muss man mal abwarten, wie sich die Zucht entwickelt.
„Es sollten verstärkt Zuchten verboten werden.“Tierärztin Corinna Cornand
Was fordern Sie?
Die zukünftigen Halter müssten mit einer Checkliste bewaffnet werden, woran sie einen seriösen Züchter erkennen und woran ein gesundes Tier. Und es sollten verstärkt Zuchten verboten werden, bei denen Tiere Schaden nehmen. Die gesetzlichen Grundlagen sind da. Das Interview führte
SANDRA SCHÄFER