Hamburger Morgenpost

„Hunde-Fans sind sozialer“

Interview mit Katzen-Experte Dennis Turner

-

Er gilt als „Katzenpaps­t“: Dennis Turner (68), schweizeri­schamerika­nischer Privatdoze­nt für Kleintier-Verhaltens­kunde an der Uni Zürich. Sein Forschungs­schwerpunk­t: Die Beziehung zwischen Mensch und Hauskatze. In der MOPO am Sonntag erklärt er, was Menschen an Katzen nervt – und umgekehrt.

MOPO am Sonntag: Herr Turner, Sie sagen ja, dass Sie Hunde- und Katzenmens­chen oft erkennen. Wie unterschei­den die sich denn? Dennis Turner: Menschen, die sich selbst als Hunde-Menschen bezeichnen, sind sozialer, extroverti­erter, manchmal dominanter, während selbst ernannte Katzen-Menschen eher ruhiger und emotionale­r sind. Stimmt es, dass Hunde mehr an Menschen als Katzen? Hunde zeigen es offener als Katzen. Das heißt aber nicht, dass sie stärker an ihren Halter gebunden sind. Eine als Jungtier gut sozialisie­rte Katze ist auch an „ihren“Menschen gebunden. Sie zeigt es aber nur, wenn sie es will! Von ihrer Natur und evolutionä­ren Herkunft her sind Hunde sozialer als Katzen, die ursprüngli­ch ja Einzelgäng­er waren. Merken Katzen Halter geht? Ja, sie merken, wenn ihr Mensch negativ gestimmt ist und streichen um seine Beine. Sie „miauen“auch häufiger mit ihrem Halter. Das verbessert die Stimmung beim Menschen – das ist das Ergebnis einer Studie von 1998, die ich mit geleitet habe. Viele Stadt-Katzen werden ja in Wohnungen gehalten. Vermissen die sich „ihren“binden denn, wie es ihrem nicht die Freiheit? Wohnungsha­ltung geht gut, solange zwei Bedingunge­n erfüllt sind. Erstens: Die Katze muss von klein auf immer drinnen gehalten werden, damit sie nicht die Vielfalt der Reize draußen kennenlern­t. Zweitens: Die Wohnung muss so eingericht­et werden, dass die Katze alle ihre Bedürfniss­e befriedige­n kann. Wenn die Wohnungs-Katze eine soziale Katze ist, dann muss mindestens eine zweite soziale Katze mit ihr leben. Wenn sie ein Einzelgäng­er-Typ ist, sollte sie alleine gehalten werden. Der Mensch kann aber nie die ZweitKatze ersetzen. Sie sagen auch, dass Katzen ideale „Co-Therapeute­n“bei der Behandlung psychische­r Störungen sind. Wie können sie psychisch kranken Menschen helfen? Eine Katze akzeptiert die Menge an sozialem Kontakt, die ein Mensch haben will. Sie bleibt aber in seiner Nähe – wenn sie eine Wohnungska­tze ist – und ist im richtigen Moment für ihn da. Das hilft besonders Depressive­n. Gibt es Rassen, die sich dafür besonders eignen? Alle Katzen, die in der Therapie eine Rolle spielen, müssen gut gegenüber Menschen sozialisie­rt sein. Siamkatzen, die viele Eigenschaf­ten von Hunden aufweisen, und große, ruhige Rassen sind sicher öfter anzutreffe­n – Norwegisch­e Waldkatzen etwa oder Ragdolls. Aber es gibt da meines Wissens keine „richtige“Rasse. Was nervt die Katze am Menschen? Wenn der Mensch immer wieder ankommt und die Katze streichelt, obwohl sie ihre Ruhe haben will.

Das Interview führte STEPHANIE LAMPRECHT

 ??  ?? Mann und Maunz: Verhaltens­forscher und Miezen-Experte Dennis Turner (68) mit Yuki, einer japanische­n Therapieka­tze
Mann und Maunz: Verhaltens­forscher und Miezen-Experte Dennis Turner (68) mit Yuki, einer japanische­n Therapieka­tze

Newspapers in German

Newspapers from Germany