Hamburger Morgenpost

Ohne Katze ist’s auch doof

Erliegt dem Miezen-Zauber: Redakteuri­n Stephanie Lamprecht

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Hundehalte­r verweisen ja gerne auf die frenetisch­e Begeisteru­ng, die ihnen beim Wiedersehe­n schon nach kürzesten Abwesenhei­ten entgegensc­hlägt. Der Mensch ist wieder im Haus! Riesenjube­l, Feuerwerk, chwanzwede­ln, ach was, komlette Hinterteil-Rotation. kay, da kann die Katze nicht ithalten. Siri und Tami, die eiden Katzen, mit denen mein Mann und ich die Wohnung teilen, nehmen menschlich­e Aktivitäte­n mit halb geschlosse­nen Augen von der Fensterban­k aus zur Kenntnis, entscheide­n aber von Fall zu Fall, ob unser Tun einer kätzischen Reaktion würdig ist. Ja, die Katze kann den Menschen ignorieren, dem Menschen ist das nicht gegeben. Mir jedenfalls nicht. Wenn eine Katze sich entschloss­en hat, ihren Zauber einzusetze­n, mach ich das, was sie verlangt. Sie wirft ihr leises Gurren an? Ich lege alles aus der Hand und kraule sie unterm Kinn. Sie sitzt auf dem Hocker in der Küche und schreit mich an? Ich reiche ein Leckerli. Sie streckt sich auf dem Esstisch aus und fängt an, sich zu putzen? Ich hebe an, sie runterzusc­heuchen, erinnere mich an zehntausen­d Scheuch-Anläufe (Klatschen, Kügelchen werfen, Spritzpist­ole) – und guck weg. Ich hatte fast mein ganzes Leben lang Katzen um mich, zum Teil hochgradig bekloppte Viecher. Der Siamkater meiner Jugend pf egte, vom Kühlschran­k aus auf die Schultern ahnungslos vorbeilauf­ender Menschen zu springen. Familienmi­tglieder hatten bald den Dreh raus, sich geschickt nach vorne zu beugen, um eine bequeme Landef äche zu bieten. Gäste trugen Kratzspure­n davon. Vermutlich hat Timotheus einige von ihnen zu lebenslang­en Katzen-Hassern gemacht.

Meine Magisterar­beit habe ich mit Lilly auf dem Schoß verfasst. Sie und ihr Bruder konnten gemeinsam jede

Tür öffnen, inklusive Schranktür­en. „Die Katzen versauen mir das ganze Leben!“, rief eine Mitbewohne­rin aus, nachdem die beiden ihre Pralinen zernagt hatten. Sie hasste Katzen aber schon vorher, glaube ich.

Ich weiß, wie nervenzerf­etzend das Leben mit Katze sein kann. Ich habe schon mal Alufolie vor meiner Schlafzimm­ertür ausgelegt, weil ich irgendwo gelesen hatte, dass Katzen da nicht drübergehe­n. Ich hoffte, meine Katze namens „Kätzchen“vom penetrante­n nächtliche­n Türkratzen abzuhalten. Kätzchen hatte das mit der Alufolie offenbar aber nicht gelesen.

Ja, ich verbringe viel Zeit mit der Kleberolle in der Hand. Und das Katzenklo riecht nicht nach Veilchen. Wir bekommen von Tami und Siri im Jahr statistisc­h drei Mäuse und einen halben Vogel nach Hause gebracht. Und trotzdem. Ohne eine blinzelnde Katze auf der Fensterban­k ist das Leben doof. Apropos doof: Mit Hunden kann ich gar nicht. Und zu wem kommt jeder Köter? Genau.

„Ich weiß, wie nervenzerf­etzend das Leben mit Katze sein kann. Und trotzdem.“

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