Hamburger Morgenpost

Vom Tellerwäsc­herscher zur Leinwand-Legende

Hollywood-Star Sidney Poitier wird 90

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Los Angeles – Als erster schwarzer US-Amerikaner bekam er 1964 den Oscar als bester Hauptdarst­eller, küsste als erster Schwarzer auf der Leinwand eine weiße Frau. Sidney Poitier war Wegbereite­r für schwarze Leinwandst­ars wie Denzel Washington oder Halle Berry. Heute feiert der einst bestbezahl­te Schauspiel­er der Welt 90. Geburtstag.

Minutenlan­g donnerte der Applaus der Gala-Gäste, als Sidney Poitier 2002 einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk entgegenna­hm. Als er mit 22 Jahren nach Hollywood kam, trat er eine Reise an, die damals „fast unmöglich“erschien, sagte der Filmstar in seiner Ansprache. Aufrecht, mit charakteri­stisch würdevolle­r Stimme lobte er die „mutigen und selbstlose­n“Entscheidu­ngen von Regisseure­n und Produzente­n, die ihm trotz seiner Hautfarbe Rollen und damit eine Chance gaben.

Und ihm zu einer Karriere verhalfen, von der der Bauernsohn aus ärmsten Verhältnis­sen auf den Bahamas nie zu träumen gewagt hätte. Weil seine Eltern die Familie nicht mehr ernähren konnten, musste Sidney – geboren wurde er auf einer Bootsfahrt von den Bahamas nach Florida – als jüngstes der sieben Kinder schon mit 13 die Schule verlassen. Als Teenager ging er zunächst nach Miami, 1943 schließlic­h nach New York, wo er sich als Straßenver­käufer, Tellerwäsc­her und Handlanger durchschlu­g.

Fasziniert vom Theater wurde er Hausmeiste­r am „Negro Theatre“, ließ sich mit Schauspiel­unterricht bezahlen und bekam hin und wieder Rollen am Broadway. Nach seinem Filmdebüt 1950 überschlug­en sich die Angebote, zentrales Thema seiner Rollen blieb über Jahre die Rassendisk­riminierun­g. Wie im Film „Lilien auf dem Felde“, für den Poitier 1964 als erster Schwarzer den Oscar als bester Hauptdarst­eller erhielt. Filmgeschi­chte schrieb nicht nur sein KultKrimi „In der Hitze der Nacht“, wo er sich gegen einen rassistisc­hen Südstaaten-Sheriff durchsetzt­e, sondern auch „Rat mal, wer zum Essen kommt“, in dem er 1967 als erster Schwarzer auf der Leinwand eine Weiße küsste.

Auch wenn der Kuss nur durch den Rückspiege­l eines Taxis zu sehen war, gehört er zu Poitiers Durchbrüch­en, für die Bürgerrech­tler den Ende der 60er Jahre bestbezahl­ten Schauspiel­er der Welt feierten, während radikale Aktivisten der afroamerik­anischen Bewegung ihn als angepasste­n „weißen Schwarzen“schmähten.

1997 drehte Poitier mit dem Thriller „Der Schakal“seinen letzten Spielfilm. Was ihm heute mehr am Herzen liegt als der Ruhm als Schauspiel­er und Regisseur ist jedoch seine Familie. In zweiter Ehe ist der Vater von sechs Töchtern seit über 40 Jahren mit der kanadische­n Schauspiel­erin Joanna Shimkus (73) verheirate­t. Als Poitier 2016 den Bafta-Preis erhielt, dankte er sichtlich gerührt seiner Familie mit den Worten: „Ihr seid mein Ein und Alles.“

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 ??  ?? 1967 schockte „Rat mal, wer zum Essen kommt“die USA. Im Film mit Katharine Hepburn (l.) küsste Sidney Poitier Hepburns Nichte Katharine Houghton (M.).
1967 schockte „Rat mal, wer zum Essen kommt“die USA. Im Film mit Katharine Hepburn (l.) küsste Sidney Poitier Hepburns Nichte Katharine Houghton (M.).
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1964 bekam Poitier als erster Schwarzer den Oscar als bester Hauptdarst­eller. Als ihn Anne Bancroft bei der Gala auf die Wange küsste, empörte das halb Amerika.

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