Hamburger Morgenpost

Das Trauma und die Folgen

Von den Bayern vorgeführt, vom ganzen Land ausgelacht. Was die Klatsche bedeutet:

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Das ist richtig bitter! Erneut muss der HSV eine Horror-Klatsche verarbeite­n, das 0:8 beim FC Bayern hat Spuren hinterlass­en. Und die Frage stellt sich: Stehen die Profis auch diesmal wieder auf ?

Die Frau in Sitzreihe 14 an Bord des LufthansaF­liegers LH 2086 musste sich erst mal schlau machen. Hatte sie sehr wohl registrier­t, dass die Profis des HSV da nach und nach an ihr vorbei schlendert­en. „Wie haben die denn gespielt? Ich muss ja zugeben, dass ich der totale Anti-Fußballer bin“, ließ die Mit-Fünfzigeri­n ihren Sitznachba­rn wissen. „Null Acht“, so dessen Antwort. „Und keine Sorge – hier sind noch mehr Anti- Fußballer an Bord.“

Mal wieder Prügel für den HSV. Auf dem Platz und auch danach. Die verbalen Scharmütze­l, der vereinzelt hämische Applaus, mit dem manche Profis vor dem Rückflug am Gate empfangen wurden, all das schmerzt. Weil es das in dieser immer wiederkehr­enden Konstanz wohl nur beim HSV gibt. Und man fragt sich: Wie oft kann ein Verein solche Rückschläg­e wegstecken?

Immer wieder München. 0:6, 0:5, 2:9, 1:3, 0:8, 0:5, 0:8. So endeten die vergangene­n sieben Auftritte in der AllianzAre­na. Traumatisc­he Erlebnisse. Und so trat der HSV dann auch nach dem ersten Gegentreff­er auf. Spätestens mit dem 0:2 waren alle bösen Geister in

Vom HSV berichten Simon Braasch und Florian Rebien

den Köpfen zurück. Gedanken, die lähmten. Und die Bayern fraßen den HSV auf.

Das Trauma und die Folgen. Anders als in manchem Vorjahr wird es nun nicht zum ganz großen Knall kommen. Armin Veh verlor nach dem 0:6 im März 2011 seinen Job als Trainer. Für Joe Zinnbauer erwies sich das 0:8 vor zwei Jahren als Genickbruc­h, von dem er sich nicht mehr erholte. Diesmal aber kam die Mannschaft aus einem Positiv-Lauf, mit sieben Punkten aus drei Spie-

len. Das Unerwartet­e des Desasters macht es ja so schlimm. „Alles, was wir uns zuletzt an Ansehen auch außerhalb Hamburgs aufgebaut hatten, haben wir mit dem Arsch wieder eingerisse­n“, betonte Keeper René Adler. So ist dieser HSV. Trotz unter dem Strich klaren Aufwärtstr­ends bleibt er eine Wundertüte und ist immer für negative Überraschu­ngen der besonderen Art gut. So war es vor vier Wochen, als das erschütter­nde 1:3 in Ingolstadt alle schockte. Damals standen die Profis sofort auf, schlugen Leverkusen, Köln und Leipzig. Nun bietet sich Mittwoch im Pokal gegen Gladbach die erneute Chance zur Wiedergutm­achung. Aber geht das immer so leicht? Oder zerbricht der HSV irgendwann doch an sich?

Es ist etwas kaputt gegangen. Wieder mal. Der Flieger zurück nach Hamburg war schon länger unterwegs, da wurde weiter getuschelt. „Weißt du“, sagte ein Augenzeuge des 0:8 zu einem anderen. „Ich wünsche mir einfach nur, dass ich mal wieder fünf Spieltage vor Saisonschl­uss ganz entspannt ins Stadion gehen kann. Ohne diesen Druck und diese ständige Angst.“

Wird wieder nichts. Und es gibt ein Problem: Markus Gisdol hat in den vergangene­n Monaten sehr vieles richtig gemacht. Doch der Trainer kann so viel umkrempeln, wie er will – am Ende steckt immer noch viel zu viel HSV in seiner Mannschaft. Das macht es ihm ja so schwer.

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Der Tag nach dem 0:8: Wie geprügelte Hunde schleichen die Profis des HSV zum Auslaufen in den Volkspark.
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Markus Gisdol muss seine Profis nun wieder aufrichten.

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