Hamburger Morgenpost

Geiseldram­a um deutschen Segler: Militär greift seine Entführer an

Lösegeld-Ultimatum ist abgelaufen, das Schicksal von Jürgen K. ungewiss

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Manila/Berlin – Ist Jürgen K. noch am Leben? Das Schicksal des deutschen Seglers ist ungewiss. Vor vier Monaten war der 70-Jährige von der Islamisten­gruppe Abu Sayyaf auf den Philippine­n überfallen und verschlepp­t worden. Seine Frau, Sabine M. (59), wurde bei der Attacke erschossen. Für Jürgen K. verlangten die Terroriste­n Lösegeld, das Ultimatum lief gestern um 8 Uhr früh unserer Zeit ab. Etwa zeitgleich griff die philippini­sche Luftwaffe Verstecke der Abu Sayyaf an.

Was dem Deutschen drohen würde, sollte nicht gezahlt werden, hatten die Terroriste­n mehr als deutlich demonstrie­rt. Abgemagert, in Handschell­en und gezeichnet von seiner Pein, war Jürgen K. in einem Video zu sehen, hinter ihm vier Maskierte, einer mit einer Machete in der Hand, deutlich auf den Hals des vor ihm sitzenden 70-Jährigen gerichtet. „Die Piraten geben mir meine letzte Chance, dass sie die 30 Millionen Pesos bekommen,“sagte K., an die Bundesregi­erung gerichtet, in die Kamera. Umgerechne­t sind das knapp 570 000 Euro. Sollte nicht innerhalb von zwölf Tagen gezahlt werden, werde er getötet. Die zwölf Tage waren gestern abgelaufen.

Wurde Lösegeld gezahlt? Das Auswärtige Amt schweigt. Die philippini­sche Regierung zahlt in der Regel nicht. Stattdesse­n hatte das Militär kurz vor Ablauf des Ultimatum Verstecke von Abu Sayyaf aus der Luft attackiert. Zudem werde eine Bodenoffen­sive auf Jolo, der Insel, auf der K. festgehalt­en wird, vorbereite­t – trotz Gefahr für das Entführung­sopfer, teilte ein Armeesprec­her mit. „Die Streitkräf­te werden den Feind verfolgen und die Bedingunge­n diktieren – nicht umgekehrt.“Ein Präsidente­nberater sagte, er habe „Berichte über die angebliche Enthauptun­g einer deutschen Geisel“erhalten.

Das Risiko einer Entführung war Jürgen K. bewusst, schon einmal durchlitte­n er und Sabine M. das Martyrium einer Geiselhaft: 2008 wurden sie auf ihrer Jacht vor der jemenitisc­hen Küste von Piraten überfallen und nach Somalia verschlepp­t. Nach 52 Tagen und Zahlung eines Lösegelds von angeblich 600000 Dollar kamen sie frei. Und kehrten auf die Jacht zurück.

„Ich lebe seit 32 Jahren auf dem Schiff. Und von dem Schiff“, so der Segler kurz nach der Befreiung damals zur MOPO. Er sah keine Alternativ­e. Das Paar legte sich eine Pistole zu – wehren wollte es sich, sollte es noch einmal in Gefahr kommen: „Auch wenn es nicht gut ausgeht für uns.“Den Überfall vor vier Monaten überlebte Sabine M. nicht ...

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Jürgen K. (70) auf dem Video der Terrorgrup­pe Abu Sayyaf, in dem umgerechne­t 570 000 Euro Lösegeld gefordert werden. Der Deutsche wurde von seiner Jacht „Rockall“verschlepp­t, seine Frau wurde bei dem Überfall erschossen.

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