Türkei-Streit: Europa schlägt zurück!
EU friert Finanzhilfen ein.
Brüssel/Ankara – Lange hat Europa die Verbal-Ausf lle des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einfach so hingenommen. Jetzt lassen die Europäer erstmals Taten sprechen. Allen voran: die Niederländer. Erdogan schwingt darauf in auch gegen unsere Nachbarn die Nazi-Keule.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu wollte am Samstagabend in Rotterdam im türkischen Konsulat für die umstrittene türkische Verfassungsreform werben. Davor hatte er noch getönt: „Ich werde nach Rotterdam gehen. Niemand kann mich daran hindern.“Ein
Irrtum, wie Cavusoglu schnell feststellen musste: Die niederländische Regierung unter Premier Mark Rutte verweigerte dem Flugzeug des türkischen Ministers einfach die Landeerlaubnis. Zuvor hatte Cavusoglu mit wirtschaftlichen und politischen Sanktionen gedroht, sollte er nicht auftreten dürfen. Die Drohung brachte das Fass für die niederländische Regierung wohl zum Überlaufen. Sie hatte zuvor mehrfach erklärt, solche Auftritte seien nicht erwünscht.
Erdogan giftete nach der Abfuhr für seinen Minister: „Die Niederländer sind so befangen, so ängstlich. Das sind Nachfahren der Nazis, das sind Faschisten. Hindert unseren Außenminister am Fliegen, soviel ihr wollt, aber von nun an werden wir sehen, wie eure Flüge in der Türkei landen.“Den Nazi-Vorwurf hatte er auch gegen Deutschland erhoben.
Aber nicht nur die Niederländer bieten Erdogan jetzt die Stirn. Auch die EU reagiert. Sie hat damit begonnen, die im Rahmen der Beitrittsverhandlungen vorgesehene finanzielle Unterstützung für die Türkei zurückzufahren. Hintergrund: Die Türkei erhält aus Europa zwischen 2014 und 2020 eigentlich 4,45 Milliarden Euro für den Ausbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Laut EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn wurden jetzt Programme eingestellt, die „zuletzt nicht die erwünschten Fortschritte“gebracht hätten. Zuletzt seien nur
167 Millionen Euro in die Türkei gef ossen – das aber ausschließlich für zivilgesellschaftliche Projekte und zur Stärkung von Bildung und Wissenschaft. Ein kompletter Stopp der Zuwendungen ist derzeit aber nicht möglich. Dies ginge nur, wenn der Beitrittsprozess mit der Türkei beendet würde.
Auch in Deutschland denkt man über Konsequenzen nach. CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat sich jetzt für die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft ausgesprochen. Gleichzeitig widersprach er der Auffassung der Bundesregierung, die Wahlkampfauftritte türkischer Politiker seien durch die Rede- und Versammlungsfreiheit gedeckt – auch das Bundesverfassungsgericht hatte dies so bestätigt. Röttgen: „Ausländische Minister oder Präsidenten werden nicht zu Privatbürgern, wenn sie die Grenze überschreiten.“
„Von nun an werden wir sehen, ob eure Flieger in der Türkei landen.“Recep Tayyip Erdogan