Erdogan hetzt gegen Europa
EKLAT IN ROTTERDAM
„Das wird schwerste Gegenmaßnahmen nach sich ziehen.“ Ministerpräsident Binali Yildirim „Europa will den Nationalsozialismus wiederauferstehen lassen.“ Finanzminister Naci Agbal
Ein Sturm der Entrüstung bläst vom Bosporus Richtung Europa. Zielscheibe des Erdogan-Regimes ist diesmal allerdings nicht das mächtige Deutschland, sondern die kleinen Niederlande. Weil diese der türkischen Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya keinen PR-Auftritt zur geplanten Verfassungsänderung in der Türkei erlaubten, sie sogar per Autokonvoi nach Deutschland abschoben, toben in Ankara und Istanbul Erdogan und seine Minister.
Und ihre Angriffe richten sich längst nicht mehr nur gegen die beiden NATO-Partner, sondern inzwischen pauschal gegen ganz Europa. Was ist passiert? Erdogans Ministerin war per Auto angereist, um in Rotterdam für dessen Machterweiterung zu werben. Nachdem aus der Türkei schon vor dem Auftritt Drohungen laut wurden, die Niederlande mit Sanktionen zu überziehen, falls Fatma Betül Sayan Kaya nicht auftreten dürfe, zog der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte die Notbremse: „Das ist unverantwortlich!“Die Politikerin wartete die ganze Nacht vergeblich, wurde schließlich mit ihrem Konvoi nach Deutschland geleitet, musste per Privatjet von Köln/Bonn aus zurück in die Türkei fliegen.
Dort klagte sie an: „Wir waren einer unhöflichen und groben Behandlung ausgesetzt. Eine weibliche Ministerin so zu behandeln, ist sehr hässlich.“Da wüteten schon längst Erdogan-Anhänger vor der türkischen Vertretung in Rotterdam und dem niederländischen Konsulat in Istanbul. Ein Demonstrant drang in das Gebäude in Istanbul ein, ersetzte die niederländische Fahne durch die der Türkei. Der Mann rief vom Dach „Gott ist groß“.
Angefacht wurden die teils gewalttätigen Proteste von Erdogan und seiner Clique. Finanzminister Naci Agbal tobte: „Europa will den Nationalsozialismus wiederauferstehen lassen. Das antidemokratische und faschistische Verhalten gegenüber der Türkei ist inakzeptabel.“
Ministerpräsident Binali Yildirim drohte sogar offen Vergeltung an: „Das wird schwerste Gegenmaßnahmen nach sich ziehen.“Erdogan selbst warf Rutte und dessen Regierung vor, den Konflikt mit Ankara wegen der anstehenden Wahlen bei unserem Nachbarn anzufachen: „Hey Holland, wenn ihr die türkisch-niederländischen Beziehungen vor den Wahlen am Mittwoch opfert, werdet ihr den Preis dafür bezahlen.“
Verunglimpft werden aber von der Regierung Erdogan längst nicht mehr nur Deutschland oder die Niederlande, sondern ganz Europa.
Erdogan-Sprecher Ibrahim Kalin tönt: „Schande über die
niederländische Regierung. Sie hat anti-islamischen Rassisten und Faschisten nachgegeben und damit die Beziehungen beider Länder beschädigt. Die Ereignisse markieren einen schwarzen Tag für die Demokratie in Europa.“
Am Nachmittag gab es den nächsten Eklat: Die Dänen baten den türkischen Premier Binali Yildirim, eine für diese Woche geplante Dänemark-Reise erstmal zu verschieben – unter Verweis auf die türkischen Angriffe auf die Niederlande.
Aus Sicherheitsgründen wurden gestern die niederländische Botschaft in Ankara und das Konsulat in Istanbul abgeriegelt und geschlossen.
Auch in Deutschland ließen Erdogan-Fans ihrer Wut wieder freien Lauf. In Berlin versammelten sich 300 Türken zu einer Demo vor der niederländischen Botschaft.