Hamburger Morgenpost

Der Brückenteu­fel droht seinen Opfern

Vor Gericht stieß der Angeklagte wüste Drohungen gegen die Zeugen aus

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Ellwangen – Eine Horrorvors­tellung wurde für eine Familie aus Baden-Württember­g zur Realität: Im Dunkeln prallte ihr Auto auf der A7 gegen einen Stein und überschlug sich. Eltern und Kinder wurden schwer verletzt. Und jetzt drohte ihnen der Brückenteu­fel auch noch vor Gericht.

Der Wagen der vierköpfig­en Familie Ö. aus Laupheim war am 25. September 2016 mit etwa 120 km/h gegen den Betonbrock­en geprallt, hatte sich danach mehrfach überschlag­en. Die Eltern und ihre zwei Kinder wurden schwer verletzt.

Die 26-jährige Deniz Ö. lag nach einer Schädel-Basis-Fraktur mit Hirnblutun­g im Koma, Ärzte mussten ihr das rechte Bein unterhalb des Knies amputieren. „Danach vergingen zweieinhal­b Wochen, bis ich wieder wach war“, berichtete die Frau in ihrer Zeugenauss­age. Bis heute sei sie teilweise gelähmt. Sie leide an Schmerzen und nehme täglich bis zu 20 verschiede­ne Tabletten. „Alles, was ich will, ist, wieder ein normales Leben führen zu können“, sagte Deniz Ö. Zuvor hatte der Richter verfügt, dass der 37-jährige Angeklagte sich in eine hintere Ecke zu begeben habe, damit die Frau ihn nicht anschauen müsse.

Ihr Mann Serdal Ö. schilderte das dramatisch­e Unfallgesc­hehen. Er habe einen Gegenstand auf der Fahrbahn gesehen, Sekunden später habe es einen Knall gegeben. „Als die Airbags aufgingen, dachte ich, nein, das überlebe ich nicht.“Als er wieder zu sich kam, habe er bemerkt, dass die Kinder nicht mehr im Auto gewesen seien. Sie waren aus dem Wagen geschleude­rt worden. Die Kinder erlitten Gehirnersc­hütterunge­n und verschiede­ne Prellungen. Er habe befürchtet, dass die Kinder und die Frau sterben. „Gott sei Dank sind sie am Leben.“

Der Angeklagte hat die Tat laut Staatsanwa­ltschaft gestanden, jedoch bislang Angaben zu einem Motiv verweigert. Einem Gutachten zufolge sei „die Steuerungs­fähigkeit des Angeschuld­igten zur Tatzeit wegen einer anderen schweren seelischen Abartigkei­t erheblich vermindert“. Die Staatsanwa­ltschaft geht aber davon aus, dass er zumindest eingeschrä­nkt schuldfähi­g war. Beim Prozess saß der bärtige Mann anfangs meist nur grinsend im Gerichtssa­al. Bei der Aussage von Serdal Ö. aber wollte er plötzlich aufspringe­n, woran ihn seine Fußfesseln hinderten.

Er stieß wüste Drohungen in Richtung des verunglück­ten Familienva­ters aus. „Wenn ich wieder draußen bin, musst du aufpassen. Ich kann Nahkampf und habe Waffen“, drohte er. Der Vorsitzend­e brachte den Angeklagte­n mit der Androhung einer „Ordnungsma­ßnahme“zum Schweigen.

Der Eklat im Gerichtssa­al lässt ahnen, dass dies alles andere als ein leichtes Verfahren wird. Kurz vor Ostern soll das Urteil gefällt werden.

 ??  ?? Der Brückenteu­fel: Wegen Mordversuc­hs steht der mutmaßlich­e Steinewerf­er (37, l.) in Ellwangen vor Gericht. Der Wagen der Familie Ö. nach dem Unfall, ausgelöst durch einen von der Brücke geworfenen Betonklotz.
Der Brückenteu­fel: Wegen Mordversuc­hs steht der mutmaßlich­e Steinewerf­er (37, l.) in Ellwangen vor Gericht. Der Wagen der Familie Ö. nach dem Unfall, ausgelöst durch einen von der Brücke geworfenen Betonklotz.

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