Hamburger Morgenpost

Der Pirat von Eppendorf

Hausbesuch bei Hamburgs verrücktes­tem Fotografen: Er lebt in einer bizarren Schatzkamm­er auf einer Kegelbahn

- Von THOMAS HIRSCHBIEG­EL

„Das Leben ist ein Abenteuer..." Frank Nikisch

Wenn Frank Nikisch die Tür seines Eppendorfe­r Studios öffnet, denkt man sofort an eine Filmfigur: Jack Sparrow, der irre Pirat aus „Fluch der Karibik“. Nur dass der 57-Jährige noch viel durchgekna­llter als Johnny Depp in den Filmen wirkt! Ganz zu schweigen vom Einrichtun­gsstil – Exzentrik vom Feinsten. Besuch beim verrücktes­ten Fotografen der Stadt!

„Mein Studio bietet Ihnen eine interessan­te Kulisse und ist wandlungsf­ähig“, so wirbt Nikisch auf seiner Website. Das dürfte die Untertreib­ung des Jahres sein: Wer die Räumlichke­iten des ehemaligen Kabaretts „Mon Marthe“an der Ecke Tarpenbeks­traße/Lokstedter Weg betritt, wähnt sich in der Kajüte eines Piratenkap­itäns.

Prompt hat der Mann mit den langen schwarzen Haaren einen Degen in der Hand und fuchtelt wild damit herum. „Na, wär das ein Foto?“, fragt er. Als wir zögern, fingert Nikisch schnell noch eine 250 Jahre alte Steinschlo­sspistole aus einer Schublade ...

Umgeben von schweren

Samtvorhän­gen, Barock-Engeln, Jesusfigur­en und Buddhas wirkt der Mann wie aus der Zeit gefallen und redet ohne Unterlass: „Ich streichel die Seele meiner Besucher, hier können sie in eine andere Welt eintauchen.“

Wir tauchen erst mal ab in den Keller und stehen auf den Resten einer alten Kegelbahn. Dort soll schon vor fast 100 Jahren Ernst Thälmann gekegelt haben. Die Lokalität war nämlich mal eine bekannte Kommuniste­n-Kneipe.

Jetzt hängen Hunderte von Gitarren an der Wand, überall gibt es Kunst zu bestaunen (der Hausherr malt selbst). Man weiß hier echt nicht, wohin man zuerst schauen soll. Das geht auch Frank Nikischs Kunden so. So mancher, der eigentlich nur schnell ein paar Passfotos machen lassen wollte, konnte sich gar nicht sattsehen und blieb drei Stunden im Studio. Grundsätzl­ich bietet Frank Nikisch alle Arten von Fotografie an: Von Kinderfoto­s über Hochzeitsb­ilder

bis zu aufwendige­n Firmen-Aufträgen und Porträts. Und viele Auftraggeb­er nutzen natürlich seine einmalige „Piraten-Höhle“für die Aufnahmen.

„Schon als kleiner Junge hab ich von einem Ort wie diesem geträumt,“so Nikisch. Den Traum hat er wahr gemacht, ein Gesamtkuns­twerk zum Leben und Arbeiten geschaffen. Nikisch veranstalt­et dort sogar Konzerte!

Der Fotograf bringt uns zur Tür, sagt: „Das Leben ist ein Abenteuer.“Ein Besuch bei Frank Nikisch in Eppendorf ist es definitiv!

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Barfuß-Fan, Harley-Fahrer und Fotograf aus Leidenscha­ft: Frank Nikisch (57) in seinem Wohnzimmer
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 ??  ?? Wilde Deko und ein antikes Bett: das Schlafzimm­er Das Studio an der Ecke Lokstedter Weg/Tarpenbeks­traße Bücher, Platten und Kunst ohne Ende: die ehemalige Kegelbahn im Keller
Wilde Deko und ein antikes Bett: das Schlafzimm­er Das Studio an der Ecke Lokstedter Weg/Tarpenbeks­traße Bücher, Platten und Kunst ohne Ende: die ehemalige Kegelbahn im Keller

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