Hamburger Morgenpost

Ich habe nichts von der Schlecker-Pleite geahnt

Wirtschaft­sprüfer im Prozess: Einer der Angeklagte­n bricht sein Schweigen

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Stuttgart

– Im Prozess um die Schlecker-Pleite sitzen neben Anton Schlecker und seiner Familie auch zwei Wirtschaft­sprüfer auf der Anklageban­k. Einer der beiden erklärte jetzt, er habe nichts von der desaströse­n Finanzlage geahnt, und fordert eine Abspaltung des Verfahrens.

Die Anklage wirft den beiden Mitarbeite­rn der Prüfungsge­sellschaft EY (Ernst & Young) vor, sie hätten 2009 und 2010 falsche Bilanzen durchgewin­kt. Nach Auffassung der Anklage war das Drogerie-Unternehme­n damals schon zahlungsun­fähig, die Insolvenz allerdings wurde erst Anfang 2012 angemeldet. In der Zwischenze­it soll Anton Schlecker vorsätzlic­h Teile seines Vermögens beiseitege­schafft haben. Dem widerspric­ht der 72-Jährige vehement. Er habe bis zum Schluss an das Fortbesteh­en seines Unternehme­ns geglaubt und sich für seine Firma aufgeriebe­n, sagte er im Prozess.

Nun geht es um die Frage, ob eine sogenannte stille Be- teiligung von Schleckers Kindern fälschlich­erweise als Eigenkapit­al ausgewiese­n worden war.

Eigenkapit­al wird dann wichtig, wenn Verluste ausgeglich­en werden müssen. Schlecker soll 2009 einen Kredit von rund 50 Millionen Euro von der Schlecker LDG – der Logistikfi­rma seiner Kinder Lars und Meike – als Einlage verbucht haben, um Verluste auszugleic­hen. Der Wirtschaft­sprüfer erklärte gestern, dieses Vorgehen sei bilanzrech­tlich korrekt gewesen. Auch habe sich die Bilanzprüf­ung auf das Unternehme­n beschränkt, das Privatverm­ögen von Anton Schlecker sei außen vor geblieben. „Wir gingen uneingesch­ränkt davon aus, dass Herr Schlecker das Darlehen aus Privatverm­ögen zurückzahl­en kann“, so der Finanzexpe­rte. Bis das Gericht in diesem Geflecht zu einem Urteil kommt, wird es noch dauern. Der Vorsitzend­e Richter hat bereits angekündig­t, mehr Zeit zu benötigen.

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