Alles unter einem Dach
Von SINA KEDENBURG In der Halle ist es immer 26 Grad, Tag und Nacht.
Rund dreieinhalb Autostunden von Hamburg entfernt liegt Thailand. Gleich daneben Indonesien und Malaysia – alle zusammen in einem Dorf. Und von dort ist es nur noch ein Katzensprung bis in den tropischen Regenwald. Unmöglich – die hat wohl zu lange in der Sonne gelegen, denken Sie? Nein. Denn das ist das Einzige, was es in der Urlaubswelt „Tropical Islands“am Rande Berlins nicht gibt.
Wie aus dem Nichts erhebt sich die große graue Kuppel am Horizont. Die hellen Wolken, die den Himmel von Krausnick – rund 60 Kilometer vor Berlin – zu dieser Jahreszeit oft zieren, „tarnen“die 107 Meter hohe halbkugelförmige Halle. Vor rund 14 Jahren wurden hier noch Zeppeline gebaut. Kaum vorstellbar, dass unter der tristen Plane, aus der die Außenwände des Erlebnisbads bestehen, halbnackte Tages-Badegäste (Eintritt ab 42 Euro, Zutritt von 6 bis 24 Uhr) um die Wette wasserrutschen und andere gerade ihre sommerlich dekorierten Hotelzimmer (Standardzimmer ab 120 Euro pro Person und Nacht) beziehen.
Aber genau so ist es: Nachdem ein malaysisches Konsortium die Halle 2003 aufgekauft hat, sind mehr als 200 Millionen Euro investiert worden. Mit Badespaß „rund um die Uhr“wirbt das Erlebnisbad, das zugleich ein Hotel ist – und es hält das Versprechen. Zwar schließt der Außenbereich „Amazonia“spätestens um 19 Uhr – von den beiden Indoor-Becken (genannt: „Die Südsee“und „Die Lagune“) aber hat immer mindestens eins geöffnet. So können sich die Übernachtungsgäste auch nachts abkühlen. Immerhin liegt die Hallentemperatur bei 26 Grad – egal zu welcher Tageszeit.
Mit bunten Leuchten locken die Pools ab den Abendstunden, sobald kein Licht mehr durch die grau-durchsichtige Folie der Hallenwände schimmert. Da die kleinen Kinder, die die nur 1,30 Meter tiefen Becken tagsüber bevölkern, längst in den Federn sind und auch Mama und Papa sich in eins der hauseigenen Zimmer, Zelte oder Ferienhäuser inoder außerhalb der Halle zurückgezogen haben (insgesamt gibt es mehrere Hundert Übernachtungsmöglichkeiten), gehört die Nacht den Teenies.
Knutschend und eng umschlungen turteln sie im Schwimmbadwasser. Immer so weit entfernt von den übrigen Paaren wie möglich. Wegen der Privatsphäre. Ungestört sind sie trotzdem nicht. Wachsam patrouillieren die Bademeister am Rand der Becken. Rein rechtlich müsste nicht rund um die Uhr ein Lifeguard vor Ort sein. „Das Wasser ist so f ach, dass das nicht nötig wäre“, erklärt Sprecherin Janet Schulz.
„Wir sind trotzdem zu jeder Tageszeit hier und passen auf“, so Bademeister Christian. Guter Wille, oder hat das jugendliche Treiben im Wasser etwas damit zu tun? „Natürlich auch“, sagt Christian. Dabei kann er sich das Schmunzeln nicht verkneifen. „Es ist immer eine Gratwanderung. Einerseits müssen wir aufpassen, dass es nicht zu wild wird, andererseits möchte man den Gästen ihre Privatsphäre lassen.“Und wenn es dann doch mal zu heiß hergeht? „Wenn es zu viel wird, gehen wir dazwischen. Das musste ich schon einige Male tun.“Wie neulich, als dort laut Medienberichten heimlich ein Sex-Filmchen gedreht wurde ...
Schon tagsüber spazieren die
schönen Badenixen in der 66 000 Quadratmeter großen Halle (das entspricht circa neun Fußballfeldern) auf und ab. Der Weg in eines der 13 Restaurants, das 10 000 Quadratmeter große Sauna- und Wellnessareal oder der halleneigene Minigolfplatz dienen als Laufsteg.
Doch nicht nur die großen, sondern auch die ganz kleinen Kids kommen im „Tropical Islands“auf ihre Kosten. Der große Kinder-Spielbereich ist das Highlight der Tropen-Halle. Dort gibt es eine Kletterlandschaft mit Krabbelröhre, Air-Hockey sowie mehrere Kicker und Tischtennisplatten.
Und wenn das den Lütten immer noch nicht reicht, können sie mit Mama und Papa hoch hinaus: Während einer Tour mit dem Helium-Korbballon (ab 39 Euro) können die Besucher sich die gesamte Halle von oben anschauen. Sie sehen den riesigen Turm mit Wasserrutschen in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden, das Zeltdorf, daneben das Tropendorf mit dem extra aus Indonesien importierten Bali-Tor.
Doch etwas fehlt dort oben beim Flug über die Mini-Versionen der wohl schönsten Regionen Asiens. Der Wind. Die Luft. Die Natur. Sicher, es gibt echte Palmen und die Tonband-Affen im Regenwald sind auch nett gemeint. Genauso wie die echten Spinnen und Schlangen in Terrarien und die Flamingos fürs Tropen-Feeling. Auch wenn Letztere hauptsächlich in gemäßigten Zonen leben. Egal. Einen echten Urlaub ersetzen sie ohnehin alle nicht. Und die Sonne, die fehlt ganz besonders. Für einen Wochenendausf ug mag das bisschen Licht, das durch die Hallenfolie fällt, in Ordnung sein – für einen längeren Urlaub ist das jedoch nichts. Jedenfalls nicht für jeden. Trotzdem: Der Erlebnispark wird ausgebaut. Es sollen zusätzliche Häuser auf dem rund 619 Hektar großen Gelände entstehen – statt 1900 Betten gibt’s dann bald 9000. Und auch der Außenbadebereich soll
Sogar echte Flamingos gibt’s unter der Kuppel.
noch größer werden. Da bekommt man auch endlich echte Sonnenstrahlen ab.