Guten Morgen, hier ist der ObdachlosenWeckdienst!
Innenstadt Die MOPO begleitete Polizei und Bezirk auf ihrem City-Streifgang
Von DANIEL GÖZÜBÜYÜK und VOLKER SCHIMKUS
Der „Weckdienst“für Obdachlose scheint auf den ersten Blick Wirkung zu zeigen. Noch bevor die Sonne aufgeht, räumen die meisten ihren Schlafplatz. Doch das vom Bezirk erwünschte Ziel ist damit noch nicht erreicht: Zwar verlässt ein Großteil das Gebiet um den „Saturn“-Markt – viele laufen aber einfach hundert Meter weiter und legen sich bei „C&A“wieder hin. Die MOPO war frühmorgens vor Ort.
Es ist noch dunkel, eine kühle Brise zieht durch die Straßen der Innenstadt. Kurz vor fünf Uhr, gestern an der Mö. Auch wenn der „Obdachlosen-Weckdienst“des Bizirksamts in der vergangenen Woche noch vor sechs Uhr morgens kam – heute ist noch kein Beamter zu sehen.
Wir sprechen mit Georg (53), genannt „Störte“. Der Hamburger ist seit mehr als 30 Jahren auf „Platte“, kennt das Leben auf der Straße in- und auswendig. „Grundsätzlich habe ich ja nichts gegen die Kontrollen, aber jeden Morgen das gleiche: Ausweis zeigen und aufstehen – obwohl die mich doch schon seit Jahren kennen! Das ist eine Katastrophe.“
Vergangene Woche startete der von der Stadt ins Leben gerufene „ObdachlosenWeckdienst“(MOPO berichtete). Zwei Polizisten gehen mit zwei Beamten des Bezirksamtes durch die Innenstadt, wecken die schlafenden Obdachlosen, kontrollieren ihre Ausweise und die Sauberkeit ihres Schlafplatzes.
Laut Sorina Weiland, Pressesprecherin des Bezirksamts Mitte, gebe es seit geraumer Zeit Probleme mit Familienverbänden aus Rumänien und Bulgarien.
Auch unter den Obdachlosen kommt es zu Streit. „Die streunern hier rum, betteln, nehmen uns die Schlafplätze weg. Zwei haben mir sogar den Schlafsack und meine Isomatte geklaut, während ich pinkeln war!“, so Willi (Name geändert), auch ein in der City bekannter Obdachloser.
Als um 7 Uhr schließlich die Patrouille anrückt, sind die meisten Obdachlosen schon weg – sie verzichten lieber auf den Ärger mit der Polizei. Allerdings sind die Ziele des Bezirks damit noch nicht erreicht. Denn viele Obdachlose legen sich ein paar hundert Meter weiter bei „C&A“wieder hin.
Der Patrouillengang der Beamten ist eher kurz: eine Runde um „Saturn“, das war’s.
Inwiefern der „Weckdienst“auch in Zukunft eingesetzt wird, klärt der Bezirk nach der Testphase Ende April. Da werden die Ergebnisse überprüft und „die Maßnahmen gegebenenfalls angepasst und weitere eingeführt“, so Weiland.
Fakt ist: Das Winternotprogramm, das knapp 1000 Schlafplätze in den Monaten von November bis März zur Verfügung stellt, endet Ende des Monats – dann sind wieder deutlich mehr Obdachlose auf den Straßen, gerade im Innenstadt-Bereich.
„Mehr Menschen, besseres Wetter und Alkohol: Die Streitigkeiten untereinander werden enorm zunehmen“, ist sich Georg alias „Störte“sicher. Bleibt abzuwarten, wie die Stadt auf diese Situation reagieren wird ...
„Es ist eine Katastrophe. Die kennen mich doch seit Jahren!“Georg (53), Obdachloser