Deutsche Aufklärer brachten den Tod
Syrien 33 zivile Opfer durch verheerenden Luftschlag bei Rakka. Falsches Angriffsziel? Tornados lieferten die Fotos des Gebäudes
Berlin – Seit Januar 2016 fliegen deutsche Aufklärer über Syrien und bereiten die Luftangriffe auf Stellungen der Terrormiliz IS vor. Jetzt waren sie offenbar in einen Luftschlag verwickelt, der am 22. März ein ehemaliges Schulgebäude in der syrischen Ortschaft al-Mansoura westlich von Rakka traf. Dabei kamen bis zu 33 Zivilisten ums Leben, beklagte die Syrische Informationsstelle für Menschenrechte.
Die deutschen Tornado-Aufklärer starteten von der türkischen Basis Incirlik, machten die Luftaufnahmen des Gebäudekomplexes und lieferten diese an die Einsatzzentrale der Kampfjets. Einen Tag später wurde der Komplex bombardiert, räumte das Verteidigungsministerium jetzt laut NDR und WDR in geheimer Sitzung des Verteidigungsausschusses ein.
Die Hardthöhe äußerte sich aus Geheimhaltungsgründen nicht zu dem tragischen Irrtum, betonte aber, dass die Bundeswehr am Entscheidungsprozess über den Angriff nicht beteiligt gewesen sei. Bilder von Zielen zu machen, gehöre zur Routine der Tornados, die vom schleswig-holsteinischen Fliegerhorst Jagel und vom Fliegerhorst Büchel (Eifel) stammen. Wegen der zeitlichen Verzögerung sei ohnehin nicht vorhersehbar, ob und wie viele Personen sich in einem Gebäude aufhalten.
Der außenpolitische Sprecher der Linken, Jan van Aken, kritisierte gegenüber NDR und WDR, es sei immer klar gewesen, dass es beim Einsatz der Tornados „zu Toten kommen kann“. Niemand könne bei so einem Einsatz eine „weiße Weste“behalten. Die Grünen hatten vor zwei Tagen die Luftangriffe der Anti-IS-Koalition infrage gestellt. Nach mehreren Luftangriffen mit Hunderten von zivilen Opfern in Mossul kritisierte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter die „neue Rambo-Mentalität in der Terrorbekämpfung“.
Rund 100 Tote und Verletzte gab es 2009 beim Luftangriff auf Tanklastwagen bei Kundus, die von den Taliban entführt worden waren. Der damalige BundeswehrOberst Georg Klein hatte den Bombenabwurf durch zwei US-Kampfjets angefordert. In der Folge musste Verteidigungsminister Franz Josef Jung gehen, später auch Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert.