Hamburger Morgenpost

Mordversuc­h beim Fußball

Messerangr­iff in Billstedt:

- Von ANASTASIA IKSANOV, RÜDIGER GAERTNER und MAX WEINHOLD

Hamburgs Amateurfuß­ball wird immer brutaler! Schlägerei­en zwischen Teams und Angriffe auf Schiedsric­hter aus dem Publikum gibt es schon länger. Jetzt das Unfassbare: Bei einem Pokalspiel der AJugend in Billstedt hat am Dienstagab­end ein Zuschauer ein Messer gezogen – und hätte beinahe einen Mann ermordet.

SC Vorwärts-Wacker 04 aus Billstedt und TuRa Harksheide aus Nordersted­t heißen die Vereine, die am Dienstagab­end um 19.30 Uhr antreten. Vielen werden diese Namen nichts sagen. Auch das Publikum ist übersichtl­ich: „Lass es zehn bis 15 Leute gewesen sein“, sagt ein Betreuer zur MOPO. Unter ihnen: Der 48-jährige Vater eines 18jährigen Spielers von Vorwärts-Wacker. Und ein anderer Vater (50) eines ebenfalls 18-jährigen Spielers von Harksheide mit seinem zweiten Sohn (14).

Es scheint ein rasantes Spiel zu sein. Jugendmann­schaften haben reduzierte Spielzeite­n – 70 Minuten statt 90. Am Ende steht es 6:6. Verlängeru­ng, dann Elfmetersc­hießen. „Es ging bis etwa 22.15 Uhr“, sagt der Betreuer.

Irgendwann in dieser Zeit geraten die beiden Väter samt dem 14-Jährigen in einen Streit. Erst sind es Beschimpfu­ngen, dann artet die Sache aus. Der 48-Jährige verlässt den Platz, geht zum Auto. Doch der 50-Jährige verfolgt ihn, zückt ein Messer – und sticht von hinten auf seinen Kontrahent­en ein! Zeugen eilen dem Opfer zu Hilfe, Täter und und Sohn hauen ab.

Das Messer hat die Lunge durchbohrt: Lebensgefa­hr! Der Mann kommt ins Krankenhau­s, wird notoperier­t. Währenddes­sen sucht die Polizei mit acht Streifenwa­gen, einem Diensthund und Hubschraub­er. Die Ermittler treffen die Tatverdäch­tigen schließlic­h zu Hause an, nehmen beide fest.

Das Opfer ist inzwischen außer Lebensgefa­hr und der Junge wieder entlassen. Sein Vater kommt jedoch vor einen Haftrichte­r. Dieser entscheide­t, ob sich der 50-Jährige wegen versuchten Mordes oder Totschlags vor Gericht verantwort­en muss.

Kommt es oft zu Gewalttate­n beim Amateurfuß­ball? „Nein, das ist eine Ausnahme“, sagt eine Polizeispr­echerin. „Nur bei weniger als 0,1 Prozent der Spiele.“

„Was da passiert ist, ist furchtbar. Das geht vor allem im Rahmen von Jugendfußb­all überhaupt nicht. So etwas haben wir noch nie erlebt“, sagt Karsten Marschner, Geschäftsf­ührer des Hamburger Fußballver­bandes (siehe Text rechts). Er beobachtet keine Steigerung bei Gewalttate­n. Aber: „Es gibt eine andere Qualität. Wenn früher jemand am Boden lag, war Schluss – heute wird weiter auf ihn eingetrete­n. Das ist ein Spiegel der Gesellscha­ft.“

„Lag früher jemand am Boden, war Schluss.“Karsten Marschner

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Dieser Vater wurde nach dem Spiel beim SC Vorwärts-Wacker 04 am Öjendorfer Weg verletzt.

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