Mordversuch beim Fußball
Messerangriff in Billstedt:
Hamburgs Amateurfußball wird immer brutaler! Schlägereien zwischen Teams und Angriffe auf Schiedsrichter aus dem Publikum gibt es schon länger. Jetzt das Unfassbare: Bei einem Pokalspiel der AJugend in Billstedt hat am Dienstagabend ein Zuschauer ein Messer gezogen – und hätte beinahe einen Mann ermordet.
SC Vorwärts-Wacker 04 aus Billstedt und TuRa Harksheide aus Norderstedt heißen die Vereine, die am Dienstagabend um 19.30 Uhr antreten. Vielen werden diese Namen nichts sagen. Auch das Publikum ist übersichtlich: „Lass es zehn bis 15 Leute gewesen sein“, sagt ein Betreuer zur MOPO. Unter ihnen: Der 48-jährige Vater eines 18jährigen Spielers von Vorwärts-Wacker. Und ein anderer Vater (50) eines ebenfalls 18-jährigen Spielers von Harksheide mit seinem zweiten Sohn (14).
Es scheint ein rasantes Spiel zu sein. Jugendmannschaften haben reduzierte Spielzeiten – 70 Minuten statt 90. Am Ende steht es 6:6. Verlängerung, dann Elfmeterschießen. „Es ging bis etwa 22.15 Uhr“, sagt der Betreuer.
Irgendwann in dieser Zeit geraten die beiden Väter samt dem 14-Jährigen in einen Streit. Erst sind es Beschimpfungen, dann artet die Sache aus. Der 48-Jährige verlässt den Platz, geht zum Auto. Doch der 50-Jährige verfolgt ihn, zückt ein Messer – und sticht von hinten auf seinen Kontrahenten ein! Zeugen eilen dem Opfer zu Hilfe, Täter und und Sohn hauen ab.
Das Messer hat die Lunge durchbohrt: Lebensgefahr! Der Mann kommt ins Krankenhaus, wird notoperiert. Währenddessen sucht die Polizei mit acht Streifenwagen, einem Diensthund und Hubschrauber. Die Ermittler treffen die Tatverdächtigen schließlich zu Hause an, nehmen beide fest.
Das Opfer ist inzwischen außer Lebensgefahr und der Junge wieder entlassen. Sein Vater kommt jedoch vor einen Haftrichter. Dieser entscheidet, ob sich der 50-Jährige wegen versuchten Mordes oder Totschlags vor Gericht verantworten muss.
Kommt es oft zu Gewalttaten beim Amateurfußball? „Nein, das ist eine Ausnahme“, sagt eine Polizeisprecherin. „Nur bei weniger als 0,1 Prozent der Spiele.“
„Was da passiert ist, ist furchtbar. Das geht vor allem im Rahmen von Jugendfußball überhaupt nicht. So etwas haben wir noch nie erlebt“, sagt Karsten Marschner, Geschäftsführer des Hamburger Fußballverbandes (siehe Text rechts). Er beobachtet keine Steigerung bei Gewalttaten. Aber: „Es gibt eine andere Qualität. Wenn früher jemand am Boden lag, war Schluss – heute wird weiter auf ihn eingetreten. Das ist ein Spiegel der Gesellschaft.“
„Lag früher jemand am Boden, war Schluss.“Karsten Marschner