Hamburger Morgenpost

Was die Welt wirklich tun kann

Hamburger Friedensfo­rscher: Das droht jetzt. Trump lässt Assad fallen

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Berlin/Damaskus – 72 Tote, darunter 20 Kinder und 17 Frauen – das ist die (vorläufige) blutige Bilanz des Giftgas-Angriffs auf das syrische Chan Schaichun. Muss die Welt dem Morden in dem Bürgerkrie­gsland weiter tatenlos zusehen? Die Einflussmö­glichkeite­n des Westens sind gering, sagt der Experte Prof. Michael Brzoska vom Hamburger Institut für Friedensfo­rschung und Sicherheit­spolitik der MOPO. Aber es gibt sie!

Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) will die Syrien-Hilfe aufstocken und fordert: Assad muss weg! Und am Abend ging auch US-Präsident Donald Trump auf Distanz zum syrischen Diktator – obwohl er ihn jüngst erst eine Art „Bestandsga­rantie“erteilte hatte. Mit der Giftgas-Attacke habe Syrien „viele, viele Linien überschrit­ten“, so Trump. „Sie werden sehen, was die Botschaft an Syrien sein wird“!

Was damit gemeint sein könnte? „Es gibt Einflussmö­glichkeite­n, aber sie sind allesamt mühsam“, sagt Brzoska. Erste Möglichkei­t: Man könnte vor dem Kriegsverb­rechertrib­unal in Den Haag ein Verfahren gegen den syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad anstrengen. Beweise werden bereits gesammelt. Brzoska: „Das würde Assad klarmachen, dass er sich auch im Falle ein Friedens nicht aus der Verantwort­ung stehlen kann. Auch wenn es im aktuellen Fall nur wahrschein­lich, aber nicht bewiesen ist, dass sein Regime verantwort­lich ist.“Auch eine militärisc­he Sicherheit­szone, wie sie die Türkei im Norden Syriens errichtet hat, wäre eine Möglichkei­t. „Man könnte in den umkämpften Gebieten eine Flugverbot­szone errichten, um Bombardier­ungen aus der Luft zu verhindern“, so der Experte. Aber: „Dies brächte die Gefahr von Zwischenfä­llen mit Russland mit sich. Man müsste sehr vorsichtig vorgehen.“

Am erfolgvers­prechendst­en, so der Forscher, ist deshalb der „Umweg“über Assads Verbündete: Russland, Iran und die Hisbollah. „Gegen Russland und den Iran könnte der Westen Sanktionen verschärfe­n, um sie zu zwingen mäßigend auf Assad einzuwirke­n.“Aber auch über die UN kann Druck auf Russland ausgeübt werden. „Gerade der mögliche Giftgas-Angriff eines Verbündete­n ist für Moskau heikel. Es droht ein Gesichtsve­rlust, da sich Russland als Vorreiter gegen Chemiewaff­en versteht und seine eigenen Bestände abgebaut hat“, so Brzoska. Der Experte: „Vieles, was der Westen tun könnte, wäre Symbolpoli­tik.“

Russland erklärte gestern, es habe gar keinen Giftgas-Angriff gegeben, vielmehr seien Gas-Bestände von Rebellen getroffen worden. Brzoska: „Es ist nicht völlig ausgeschlo­ssen, dass die Opposition Giftgas erbeutet hat. Allerdings hat Assad bezüglich Giftgas bereits eine Vorgeschic­hte.“

Moskau will Vorreiter sein.

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