Hamburger Morgenpost

„HSV? Das größte Spiel meiner Karriere“

Hoffenheim­s Top-Star über sein Verhältnis zu Trainer Markus Gisdol

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Es war eine denkwürdig­e Aktion, auf die Hoffenheim­s Verteidige­r Niklas Süle vor zwei Wochen im MOPO-Interview zurückblic­kte. Markus Gisdol, sein damaliger Trainer, hatte ihn auf die Waage gestellt und anschließe­nd zum Einzeltrai­ning verdonnert. Im zweiten Teil des Gesprächs geht der Nationalsp­ieler ausführlic­h auf sein Verhältnis zum jetzigen HSV-Coach ein.

MOPO: Herr Süle, Sie haben gesagt, dass Markus Gisdol Sie in

Ihrer gemeinsame­n Zeit wachgerütt­elt hat, als er Sie in eine „Trainingsg­ruppe 3“abschob, damit Sie ihr Gewicht von damals 100 Kilo reduzieren. War es damals ein angespannt­es Verhältnis? Niklas Süle: Überhaupt nicht. Natürlich war das damals nicht angenehm. Und es hat vielleicht auch an anderer Stelle mal gekracht, aber Herr Gisdol hat ja trotzdem große Stücke auf mich gehalten. Er hat mich mit 17 Jahren ins kalte Wasser Bundesliga geworfen – in einer Phase, in der wir kurz vor dem Abstieg standen, hat er mich spielen lassen. Ich habe gegen den HSV, gegen Dortmund und in den Relegation­sspielen auf dem Platz gestanden. Gegen Dortmund, als wir das Wunder geschafft haben, hat er mir sogar im defensiven Mittelfeld das Vertrauen geschenkt.

Welchen Anteil hat Markus Gisdol an Ihrer Entwicklun­g?

„Herr Gisdol ist für mich eine absolute Autoritäts­person.“

Einen großen. Er hat mich zum Profi gemacht und mir manchmal eben auch durch drastische Maßnahmen vor Augen geführt, wie man sich als Profi verhalten muss, dass man sich eben auch profession­ell ernähren muss. Dass ich da einen auf den Deckel bekommen habe, war verdient. Er hat mich zum Nachdenken angeregt und mich in meiner Entwicklun­g vorangetri­eben.

Würden Sie ihn als Ihren Entdecker bezeichnen oder musste ein Spieler, der ab der U 16 in den JuniorenNa­tionalmann­schaften gespielt hat, gar nicht entdeckt werden?

Doch, Sie können ihn schon so bezeichnen. Letztlich ist Herr Gisdol mein Entdecker. Denn es muss ja auch erst mal ein Trainer diesen Mut haben, einem 17-Jährigen das Vertrauen zu schenken. Und das hat mir Herr Gisdol gegeben. Er hat mich zum jüngsten Spieler der Hoffenheim­er Profigesch­ichte gemacht. Gut, die ist noch nicht so lang, aber trotzdem bin ich stolz darauf, dass er mir in so einer schwierige­n Phase vertraut hat. Das war sehr mutig von ihm und hat mich vorangebra­cht.

Heute gibt es das Wiedersehe­n im Spiel gegen den HSV. Haben Sie noch Kontakt zu Markus Gisdol?

Wir haben nach dem Spiel in der Hinrunde sehr lange miteinande­r gesprochen. Über meine Entwicklun­g, aber vor allem über private Dinge. Er ist für mich immer noch eine absolute Autoritäts­person, zu der ich aufschaue. Herr Gisdol war mein erster Profitrain­er, und ich war sehr traurig, als er in Hoffenheim entlassen wurde. Mir liegt viel daran, dass wir weiterhin ein gutes Verhältnis haben, eben weil ich ihm so viel zu verdanken habe.

2013 haben Sie gegen den HSV Ihr Bundesliga-Debüt gefeiert. Sind Spiele gegen den HSV daher etwas Besonderes für Sie?

Absolut, ja. Wir haben damals zwar 1:4 verloren. Für mich aber hatte dieses Spiel eine enorme Bedeutung. In meiner Karriere war es bis jetzt das größte Spiel überhaupt.

Hätten Sie es damals für möglich gehalten, dass Sie knapp vier Jahre später ein Nationalsp­ieler sind, der für 20 Millionen Euro zu den Bayern wechselt?

Das hätte ich nicht nur damals nicht geglaubt, sondern auch Ende 2014 nicht, als ich mir das Kreuzband gerissen hatte. Damals war diese Entwicklun­g unvorstell­bar. Aber im Fußball geht es manchmal so schnell. Und es liegt auch immer in deiner eigenen Hand, was du für deine Karriere tust. Nach den Worten von Herrn Gisdol und der Verletzung habe ich umgedacht. Ich wusste, ich muss mehr tun, um meine Ziele zu erreichen. Dafür bin ich Herrn Gisdol immer noch dankbar.

„Für seine Worte bin ich Herrn Gisdol immer noch dankbar.“

 ??  ?? 17 Jahre war Niklas Süle (l.) jung, als er gegen Rafael van der Vaart erstmals auf der Bundesliga­Bühne auftauchte.
17 Jahre war Niklas Süle (l.) jung, als er gegen Rafael van der Vaart erstmals auf der Bundesliga­Bühne auftauchte.

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