Hamburger Morgenpost

Bürger gehen auf Falschpark­er-Jagd

Immer mehr Privatpers­onen zeigen Parksünder gnadenlos an. Die Grünen sind begeistert – und die Stadt nimmt dadurch Hunderttau­sende Euro ein

- Von MIKE SCHLINK

Sie blockieren Radwege, Schulwege und behindern Rettungskr­äfte: Falschpark­er sind in Hamburg ein echtes Problem. Seit Jahren machen Polizei und Ordnungsam­t gegen die Verkehrssü­nder mobil. Jetzt wehren sich aber auch immer mehr Bürger – und zeigen die Parksünder gnadenlos an! Allein im vergangene­n Jahr gab es 26 678 Anzeigen gegen Falschpark­er – von Privatpers­onen oder Unternehme­n. Schon in den Vorjahren wurden stets mehr als 20 000 Anzeigen erstattet. „Die Zahlen bewegen sich seit Jahren auf hohem Niveau“, sagt Martin Bill (Grüne).

Seine parlamenta­rische Anfrage macht deutlich: Die Hamburger haben offensicht­lich keinen Bock mehr auf Verkehrssü­nder!

„Parkverstö­ße sind keine Kavaliersd­elikte. Sie behindern Rettungsei­nsätze und gefährden andere Verkehrste­ilnehmer“, so Bill. Für Kinder beispielsw­eise sind die regelwidri­g abgestellt­en Fahrzeuge oft ein Risiko, da man sie leicht zwischen den Autos übersehen kann. Den Politiker wundert es daher nicht, dass immer mehr Hamburger gegen die Verkehrssü­nder vorgehen.

Und das bedeutet häufig einiges an Aufwand: Es reicht nicht, ein Beweisfoto zu machen und per E-Mail an die Polizei zu schicken. Auch, wer über das PolizeiPor­tal „Onlinewach­e“bequem von zu Hause aus Anzeige erstattet, muss unter Umständen im Nachhinein noch als Zeuge zur Verfü-

gung stehen. „Teilweise werden die Namen der Zeugen auch erfasst“, sagt eine Polizeispr­echerin. Bedeutet: Der Verkehrssü­nder

Anzeigesch­rei-26 sieht auf dem ben, wer ihn angeschwär­zt hat. Die Polizei legt Anzeigende­n daher nahe, dass ihre Meldungen auch der Tatsache entspreche­n.

„Sollte ein Bürger den Eindruck haben, dass er zu Unrecht angezeigt wurde, steht es ihm frei, einen Widerspruc­h einzulegen, der dann entspreche­nd von der Polizei bearbeitet wird“, sagt die Sprecherin. Die Beamten würden dann prüfen, ob es sich etwa beim Beweisfoto um eine Fotomontag­e handelt oder ob das Bild der Wahrheit entspricht. Wie viele Anzeigen aus dem vergangene­n Jahr auch zu einem Verfahren geführt haben, ist laut Senatsantw­ort auf die parlamenta­rische Anfrage unklar. Fakt ist: Insgesamt 573 324 Euro wurden dadurch im vergangene­n Jahr in Hamburgs Kassen gespült – 30000 Euro mehr als 2015. Die Parkvergeh­en werden laut Bußgeldkat­alog je nach Vergehen mit zehn bis 65 Euro geahndet.

Neben dem Behördenga­ng haben die Hamburger vermehrt die „Wegeheld“App für sich entdeckt. Damit können auf einer OnlineKart­e Parkvergeh­en dokumentie­rt werden. Das Ordnungsam­t soll so auch schon aktiv geworden sein. Insgesamt sind in Hamburg derzeit 354 Parkvergeh­en auf der Plattform registrier­t.

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 ??  ?? Mithilfe der „Wegeheld“App dokumentie­ren immer mehr Hamburger Parkvergeh­en – derzeit sind 354 Fälle registrier­t. Lästig und gefährlich: Mehrere Autos parken hier am Mühlenkamp (Winterhude) den Radweg zu. Die Radfahreri­n muss ausweichen.
Mithilfe der „Wegeheld“App dokumentie­ren immer mehr Hamburger Parkvergeh­en – derzeit sind 354 Fälle registrier­t. Lästig und gefährlich: Mehrere Autos parken hier am Mühlenkamp (Winterhude) den Radweg zu. Die Radfahreri­n muss ausweichen.

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