Hamburger Morgenpost

Hotelpreis-Irrsinnbei­m G20-Gipfel

Hamburger Herbergen verzehnfac­hen frech ihre Preise für eine Übernachtu­ng während des Gipfels im Juli

- Von THOMAS HIRSCHBIEG­EL

Satte 539 Euro die Nacht in einem öden Plattenbau im Billbrooke­r Industrieg­ebiet. 510 Euro für eine Übernachtu­ng in einem mäßigen Hotel neben Pornoshops am Steindamm. Oder gar 1300 Euro für ein Zimmer in unmittelba­rer Nähe zur Autobahnab­fahrt Jenfeld – während des G20-Gipfels Anfang Juli wollen viele Hoteliers richtig abkassiere­n: Die Zimmerprei­se explodiere­n, weil Zehntausen­de Besucher, Politiker, Delegation­smitgliede­r und Polizisten untergebra­cht werden müssen.

Der touristisc­he Wert der Halskestra­ße ist stark limitiert. Man blickt auf eine Spedition, in der es vor Kurzem gebrannt hat, spaziert an einem Handel für Gebraucht-Busse vorbei und steht dann vor dem Hotel „Amedia Express Moorfleet“.

Der Schlichtba­u gegenüber einer verwahrlos­ten Wiese verspricht nicht gerade eine besondere Aufenthalt­squalität. Trotzdem die fast schon unverschäm­te Forderung von 539 Euro für ein Zimmer in der Nacht vom 6. auf den 7. Juli. Immerhin: Der Parkplatz ist kostenlos, Frühstück kostet aber zwölf Euro extra. Nur eine Woche nach dem G20Gipfel gib es das Zimmer für gerade mal 78 Euro. Beim Besuch der MOPO-Reporter gibt sich der Empfangsch­ef wortkarg: „Die Chefin ist nicht da, ich darf Ihnen leider kein Zimmer zeigen.“Ähnlich ergeht es uns im Drei-Sterne-Hotel „Residence“am Steindamm 24. Unweit von Porno-Shops und Zocker-Höhlen finden wir den schmalen Eingang. Hier beginnen die Preise für die Übernachtu­ng in einem Doppelzimm­er während des Gipfels bei 510 Euro und gehen bis auf 680 Euro. Frühstück kostet hier 6,90 Euro extra.

Der Portier will nichts sa-

Hoteliers wollen so richtig abkassiere­n.

gen, meint: „Die Preise macht der Chef ...“Die Gästebewer­tungen im Internet für dieses Haus sind mittelpräc­htig. Einer schreibt: „Eine Nacht kann man hier überleben ...“Eine Touristin notiert: „Die Lage ist gruselig für eine allein reisende Frau. Absolut nicht zu empfehlen.“

Den Besuch im vielleicht teuersten Hotel der Stadt haben wir uns bis zum Schluss aufgespart. Das „My Apartment Hotel“am Schiffbeke­r Weg (Jenfeld) macht eigentlich einen netten Eindruck. Wenn da nicht die vielleicht etwas zu „verkehrsgü­nstige Lage“wär: Das Haus liegt direkt am viel befahrenen Autobahnzu­bringer, die Auffahrt Jenfeld ist in unmittelba­rer Nähe. Der Blick geht entweder in einen tristen Hof mit Garagen oder auf die Esso-Tankstelle am Schiffbeke­r Weg.

Laut dem Hotelbuchu­ngssystem

„booking.com“bietet die Unterkunft „das beste Preis-Leistungs-Verhältnis in Hamburg“. Das dürfte wohl ein schlechter Witz sein. Für eine Übernachtu­ng während des Gipfels ruft das Haus Doppelzimm­erpreise von 1100-1300 Euro auf. Als die MOPO gestern fragte, ob zu diesem Preis schon jemand gebucht hat, sagt die nette Lady am Desk: „Noch nicht, aber schaun wir

mal ...“Auf die Mondpreise (dafür können Sie locker zwei Nächte eine Suite im „Vier Jahreszeit­en“buchen) angesproch­en, sagt die Dame triumphier­end: „Wenn die Band Metallica in Hamburg spielt, kosten Zimmer anderswo sogar 1500 Euro!“Das kann man glauben oder nicht. Fakt ist, dass renommiert­e Hotels wie das „The George“in St. Georg oder das „Gastwerk“in Bahrenfeld für eine GipfelNach­t aktuell Zimmerprei­se um die 220 Euro aufrufen.

Ulrike von Albedyll vom Hamburger Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) beschwicht­igt: „Solche Preise werden in Hamburg nur ganz, ganz selten aufgerufen.“Sie verweist darauf, dass beim Gipfel-Wochenende im Juli die 357 Hamburger Beherbergu­ngsstätten mit ihren knapp 60 000 Betten bereits „sehr gut gebucht sind“. Mehr zum G20-Gipfel auf den Seiten 10 und 16/17

60 000 Hotelbette­n gibt es in Hamburg.

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