Darum bleibt St. Pauli drin!
Der Sportchef ist optimistisch. Er lobt den Zusammenhalt und die starke Rückrunde. Abstieg keine existenzbedrohende Situation
Andreas Rettig ist seit dem 1. September 2015 Geschäftsführer beim FC St. Pauli. Nach der Trennung von Sportchef Thomas Meggle im vergangenen November hat er auch noch dessen Job inne. Der 53-jährige gebürtige Leverkusener spricht in der MOPO über ... ... den dramatischen Abstiegskampf: „Der wird in erster Linie im Kopf entschieden. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Situation beim FC Augsburg, als wir 2008 am letzten Spieltag absteigen konnten. Wir konnten uns aus eigener Kraft retten, was wir auch mit dem 1:1 gegen Jena schafften. Zeitgleich verloren die Offenbacher Kickers in Osnabrück mit 0:3. Die waren vorher nicht einmal auf einem Abstiegsplatz – und das ist das Verhängnisvolle. Es ist also nicht entscheidend, wo wir am 28., 29. oder 30. Spieltag stehen. Entscheidend ist, am 34. Spieltag unser Ziel zu erreichen.“
... den Zusammenhalt in der Chefetage:
„Das Zusammenspiel zwischen Präsidium, Aufsichtsrat und Geschäftsführung ist außergewöhnlich vertrauensvoll und mit einem hohen Maße an gegenseitiger Unterstützung. Genau dieses Vertrauen wollen wir auch gegenüber Mannschaft und Trainerteam transportieren.“
... den Zusammenhalt der Profis:
„Die Spieler stellen ihr eigenes Ego zurück. Wenn ich sehe, wie Robin Himmelmann seit Monaten mit seiner Situation umgeht, wenn ich sehe, wie sich unser Kapitän Sören Gonther verhält, wenn ich sehe, dass sich Philipp Ziereis ohne Murren in Nürnberg auf die Bank gesetzt und angefeuert hat, und wenn ich sehe, wie Schnecke Kalla aus dem Kader fällt und trotzdem absolut positiv und voller Leidenschaft dabei ist – dann stelle ich fest: Das sind ganz entscheidende Dinge, die uns am Ende auch helfen werden, den Kopf über Wasser zu halten.“... die starken Leistungen in der Rückrunde: „Wir haben zehn Punkte mehr geholt als Karlsruhe, haben auf Nürnberg acht Punkte und auf Würzburg sogar 13 Punkte in elf Spielen aufgeholt. Wir haben in der Rückrunde die beste Abwehr von allen 18 Mannschaften mit sieben Gegentoren. Und zur Offensive, die ja oft kritisiert wird: Es gibt nur vier Teams,
die in der Rückrunde mehr Tore erzielt haben. Wir haben schon 18 Punkte geholt und haben noch sechs Spiele. Deswegen werden wir auch die Klasse halten.“
... das Duell gegen Würzburg: „Das ist ein sehr wichtiges Spiel. Aber da wird der Klassenerhalt noch nicht entschieden. Keiner darf glauben, dass wir die Kickers aus dem Stadion schießen. Deshalb ist es wichtig, dass uns unsere großartigen Fans bis zur letzten Minute unterstützen, auch wenn es in der 70. Minute noch 0:0 stehen sollte. Aber da habe ich absolut keine Bedenken.“
... die Folgen eines möglichen Abstieges:
Von St. Pauli berichten Stefan Krause und Buttje Rosenfeld
„Dann gibt’s wirtschaftliche Einbußen, die nicht unerheblich sind. Jedoch: Hier muss sich keiner Sorgen machen im Klub. Klar ist, dass alle den Gürtel enger schnallen müssen, das schließt die Geschäftsführung mit ein. Es ist hier keine existenzbedrohende Situation, wie das vielleicht woanders der Fall ist. Wir haben im letzten Jahr einen Gewinn im siebenstelligen Bereich ausgewiesen. In der Winterpause haben wir unter anderem durch den Verkauf von Vegar Hedenstad noch mal Transfererlöse generieren können, die uns für das nächste Jahr helfen.“... die Lizenzvergabe: „Wir werden die Lizenz für beide Ligen ohne Probleme bekommen.“
... seine Doppelbelastung: „Ich finde, wir haben alle, die wir im Fußball unterwegs sind, keinen Grund zur Klage. Weil wir alle in einem privilegierten Job unterwegs sind. Aber man merkt, dass in bestimmten Bereichen die Zeit weg läuft. Da geht es nicht um die Belastung, sondern die Frage: Kriegst du das alles hin und wirst du deinen eigenen Ansprüchen gerecht? Ich habe ein hohes Maß an Jobzufriedenheit, denn ich arbeite mit Leuten zusammen, die ausschließlich sachorientiert denken. Wir liegen uns hier sicherlich nicht nur in den Armen und trinken Astra. Aber wir haben eine konstruktive Streitkultur, die gefällt mir.“