Hamburger Morgenpost

… Karl Marx seine Schiffsrei­se nach Hamburg antrat

12.4.1867 Der Philosoph lieferte das Manuskript von „Das Kapital“beim Verlag ab

- Von OLAF WUNDER

In seinem Namen kämpften Menschen um die Freiheit – in seinem Namen wurden aber auch ganze Völker um ihre Freiheit gebracht. Karl Marx. 150 Jahre sind vergangen, seit der Philosoph eine Schiffsrei­se nach Hamburg unternahm. Er hatte einen wichtigen Termin mit seinem Verleger.

Hagelstürm­e peitschen über die Themse, als Marx am 10. April 1867 in London an Bord des Dampfers „John Bull“geht. Im Gepäck hat er das Manuskript von „Das Kapital“. „Das ewig unfertige Ding“, hat Friedrich Engels das Werk einmal genannt, denn Marx hat sich viel Zeit damit gelassen.

Die große Verzögerun­g ist der Grund, weshalb Marx es persönlich abliefern will. Er muss dem Verleger Otto Meissner erklären, warum auch nach so langer Zeit nur der erste Band fertig geworden ist: Da sind zum einen die gesundheit­lichen Probleme. Eine eitrige Hautentzün­dung hat Marx immer wieder gezwungen, die Arbeit zu unterbrech­en. Zum anderen wirkten sich die ärmlichen Lebensumst­ände auch nicht gerade positiv aufs Schreiben aus: Marx hält sich über Wasser, indem er Wertgegens­tände zum Pfandleihe­r bringt. Schon seit 20 Jahren lebt der in Trier geborene Marx nicht mehr in der Heimat. Er gilt als gefährlich­er Aufwiegler. Aus Paris und Brüssel hat man ihn ausgewiese­n, und so lebt er bereits seit der gescheiter­ten Revolution 1848 in London.

Während der Schiffsrei­se nach Hamburg plagen ihn Gewissensb­isse: Er lässt seine Familie zu einer Zeit allein, als „die Gläubiger täglich unverschäm­ter werden“. Anderersei­ts genießt er die Reise. Andere an Bord leiden an Seekrankhe­it. Er aber freut sich über das „tolle Wetter“. „Kannibalis­ch wohl“sei ihm, schreibt er in Briefen an seinen Freund, den Fabrikante­nsohn Friedrich Engels aus Wuppertal.

Während der 51-stündigen Überfahrt ist Marx selten nüchtern. Sein liebster Saufkumpan ist ein Deutscher, der in Peru lebt: Der Mann unterhält die Gesellscha­ft mit Geschichte­n von den Ureinwohne­rn: Einmal, so der Mann, sei er Gast in einer Indianerhü­tte gewesen. Weil am selben Tag die Frau ein Kind bekommen habe, sei ihm als „höchster Ausdruck der Gastfreund­schaft“ein Stück der Nachgeburt zum Essen angeboten worden. Marx spricht von „Geschlecht­sschweiner­eien der Wilden“.

Marx zecht die ganze Zeit Flirt mit Bismarcks Nichte

Am 12. April, einem Freitag, legt die „John Bull“um 12 Uhr an den Landungsbr­ücken an. Marx begibt sich sofort zum Haus Bergstraße 26, dem Sitz des Verlags. Aber Meissner ist nicht da. Zum Treffen kommt es erst am Abend. Marx stellt erleichter­t fest, dass sein Verleger nicht böse ist, sondern im Gegenteil, entzückt, Marx endlich persönlich kennenzule­rnen. Es wird ausgiebig „gekneipt“. Vier Tage bleibt Marx in Hamburg, besucht dann einen Freund in Hannover, um schließlic­h am 15. Mai ein Schiff zunach London en. An r eie als Nichte entpuppt tiven Reich rgsten Feind. e Dame trotzd is zu ihrer Ba , l die sich am an e Londons befin. det.

Am September 1867 er„Das schein Kapital“in einer Aufvon lage 1000 Exemplaren. In dem Buch, das zur „Bibel der Arbeiterbe­wegung“avanciert, rechnet Marx mit dem Kapitalism­us a Die ausgebeute­ten Arbeiter elenden, so dass sie sic Marx’ Überzeugun­g zwan erheben und eine Diktat Proletaria­ts errichten werd Marx stirbt am 14. März Erst danach gibt Engels die B zwei und drei heraus. Die vor gesagte Weltrevolu­tion blei zwar aus, jedoch erweist sich Marx’ Analyse als zutreffend. Er hat vieles vorhergese­hen: so zum Beispiel die zunehmende Kapitalkon­zentration in den Händen weniger und die Globalisie­rung.

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Auf dem Segelradda­mpfer „John Bull“hatte Marx 1867 eine stürmische Überfahrt von London nach Hamburg.
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Titelblatt der Erstausgab­e von 1867

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