Krawall und Kreisch-Alarm
Zwischen Gewalt und Größenwahn: Seit 52 Jahren schreiben die Rolling Stones die Rock-Geschichte Hamburgs mit
Sechs Stunden Randale vor der Halle
„Die Leute waren elektrisiert von dieser Show. Mick Jagger führte einen Veitstanz am Mikroständer auf. Die Masse drängte nach vorne, es wurde geschrien!“An den 13.9.1965 kann sich HamburgsMusik-Urgestein Kuno Dreysse genau erinnern. Es war das erste Konzert der Rolling Stones in Hamburg – der Beginn von mehr als 50 Jahren Rock’n’Roll-Wahnsinn und Krawall.
Die Hamburger Polizei war auf die Ankunft der bösen Jungs aus London gut vorbereitet. Schon seit Wochen berichteten die Zeitungen von den Tumulten, die die Band auf ihrer Tour ausgelöst hatte. Und auch das Hamburg-Debüt der Stones sollte im Chaos versinken.
Während die „härteste Band der Welt“vor 6000 kreischenden Fans in der Ernst-Merck-Halle ihren zweiten Auftritt des Abends gab, entlud sich draußen der Frust von rund 3500 Fans, die keine Karten bekommen hatten. Am Ende der sechs Stunden dauernden Wut-Orgie standen umgekippte Autos, zerstörte Kioske und kaputte Bänke im angrenzenden Planten un Blomen.
Mit Reiterstaffeln, Motorrädern und Wasserwerfern brachte die Polizei den Krawall schließlich unter Kontrolle. Der Sachschaden: schätzungsweise 60000 bis 80000 Mark. 47 Menschen wurden festgenommen.
Der Beziehung zwischen den Stones und der Hansestadt hat der stürmische Beginn aber nicht geschadet. 1970 spielte die Band wieder in der Ernst-Merck-Halle, tuckerte vorher friedlich
durch den Hafen. Mit den Jahren wurden die Konzerte größer. Stones-Tourneen mutierten zu gigantischen Materialschlachten, für die die größten Stadien und Freiluft-Locations gebucht wurden. Ihr bislang größtes Hamburg-Konzert gaben die Rocker am 30. August 1998 auf der Trabrennbahn in Bahrenfeld. Etwa 80 000 Zuschauer feierten die „Bridges To Babylon“-Tour.
Nur fünf Jahre später machten es Mick Jagger und Co. eine Nummer kleiner: Auf ihrer „Licks“-Tour spielten sie am 24. Juli 2003 vor rund 40 000 Fans im Volksparkstadion (damals AOLArena) – nicht ganz ausverkauft, wie etliche andere Auftritte der Konzertreise. Schuld waren wohl die gesalzenen Kartenpreise.
Noch ernüchternder lief ’s bei ihrem bislang letzten Hamburg-Gig am 15. August 2007: Ganze 25 000 Leute feierten die Rock-Opas auf der „A Bigger Bang“-Tour im nur zu gut zwei Dritteln gefüllten Fußball-Stadion.