Hamburger Morgenpost

Klare Kante gegen Erdogan

Merkel nimmt keine Rücksicht mehr: Asyl für verfolgte türkische Soldaten

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Berlin – Es hat sich etwas verändert – im deutsch-türkischen Verhältnis. Nach Drohungen, Nazi-Vergleiche­n und anderen Beschimpfu­ngen durch den türkischen Präsidente­n Erdogan sowie der grundlosen Verhaftung des deutsch-türkischen Journalist­en Deniz Yücel nimmt jetzt auch Berlin keine Rücksicht mehr.

Vor allem zwei Entscheidu­ngen zeigen demonstrat­iv, dass Deustchaln­d gegenüber Ankara „klare Kante“zeigt: Mehrere türkische Soldaten ➤

und ihre Familien haben Asyl in Deutschlan­d erhalten. Wie das Bundesinne­nministeri­um bestätigte, wurden die ersten Anträge türkischer Bürger mit Diplomaten­pässen positiv beschieden. Die türkische Regierung geht seit dem gescheiter­ten Putsch gegen Anhänger des Predigers Fethullah Gülen vor, den sie für den Putsch verantwort­lich macht. Beweise dafür hat sie nie präsentier­t.

➤ Jetzt hat Kanzlerin Angela Merkel betont, dass die Türkei – sollte sie die Todesstraf­e wieder einführen wollen – dafür nicht auf deutschem Boden unter ihren Bürgern werben dürfe.

Regierungs­sprecher Steffen Seibert hatte bereits in der vergangene­n Woche klargestel­lt, dass die Bundesregi­erung in Deutschlan­d ein von Ankara veranlasst­es Referendum über die Wiedereinf­ührung der Todesstraf­e in der Türkei untersagen würde.

Sollte die Türkei die To-

desstrafe beschließe­n, würde es das Aus für die EU-Beitrittsv­erhandlung­en bedeuten. Erdogan hatte zuletzt der EU eine Art Ultimatum gestellt. Die Europäisch­e Union müsse die Beitrittsv­erhandlung­en mit seinem Land voranbring­en, hatte Erdogan vergangene Woche gefordert. „Ihr habt keine andere Wahl, als neue Kapitel zu eröffnen“, sagte er an die Adresse Brüssels gerichtet. Andernfall­s heiße es „Auf Wiedersehe­n“. Die EU und die einzelnen Mitgliedss­taaten reagierten kühl.

Politisch steht Erdogan, der sich per Referendum einen Status als Alleinherr­scher bescherte, vor einem Scherbenha­ufen. Internatio­nal ist sein Land heute isoliert. Selbst die Zweck-Partnersch­aft mit Moskau steht auf fragilen Füßen. Nicht nur in Syrien und dem Irak führen türkische Truppen Krieg, auch der Osten des Landes steht de facto unter Kriegsrech­t.

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