Der Konzerttempel als indisches Gotteshaus
Anoushka Shankar in der Elbphilharmonie: Eine Show mit kleinen Längen
Von SÖREN INGWERSEN
Beunruhigend, fast schon nervenstrapazierend, ist dieser minutenlange, elektronisch verfremdete Chorklang, mit dem Anoushka Shankar ihr Programm im großen Saal der Elbphilharmonie eröffnet. Von ihrem berühmten Vater Ravi Shankar hat sie einst das SitarSpiel gelernt. Nun sitzt die 35-Jährige in Pumphose barfuß auf einem Podest und bringt die silbrig schnarrenden Klänge ihrer 19-saitigen indischen Langhalslaute in einer exotischen Instrumentenmischung zum Leuchten.
Manu Delago lässt nicht nur (Elektro-)Beats pulsieren, sondern entlockt auch seinen vier schweizerischen „Hangs“, die aussehen wie stählerne Ufos, sphärische Schwingungen. Sanjeev Shankar mit seinem traditionellen, näselnden Blasinstrument Shehnai und Tom Farmer an Kontrabass und Keyboard sorgen für noch mehr Farben im „Land of Gold“. So lautet auch der Titel der aktuellen CD, die die vier Musiker hier vorstellen.
Doch es glänzt nicht alles, wo „Gold“drauf steht. Zwar gibt es immer wieder Momente, in denen die Funken sprühen, in denen Delago mit rhythmischen Finessen entzückt oder Shankars Finger mit großer Virtuosität über die Saiten jagen.
Über weite Strecken wirkt ihre schlichte Melodik in diesem reduzierten Instrumentalprogramm dann aber doch arg uninspiriert. Zweimal beschwört Shankar das Leid der Flüchtlinge, das sie zu ihrem Album inspiriert habe. So erklatscht sich das begeisterte Publikum im ausverkauften Saal am Ende wohl auch ein bisschen ein gutes Gewissen.