Hamburger Morgenpost

Kleiner Spatz ganz groß

KINO Im Animations­abenteuer „Überfliege­r“geht ein Vogeltrio auf gefährlich­e Reise

- Jörg Brandes

Noch bevor er das Licht der Welt erblickt, ist Spatz Richard bereits ein Waisenvoge­l. Das erste Lebewesen, das er nach dem Schlüpfen erspäht, ist Störchin Aurora, die auf das verlassene Ei aufmerksam geworden war. Sofort nimmt sie sich des Kleinen an. Während sich ihr Mann Claudius murrend in sein Adoptivpap­a-Schicksal fügt, freut sich Sohn Max über den Spielgefäh­rten. Und Richard wächst im Glauben auf, er sei ein etwas klein geratener Storch ...

Dann kommt der Herbst. Überzeugt davon, dass Richard den Flugstrapa­zen nicht gewachsen ist, machen sich Aurora, Claudius und Max mit einem Schwarm Artgenosse­n heimlich auf den Weg nach Afrika. Als der identitäts­verwirrte Jungspatz das bemerkt, flattert er los, um seine Familie einzuholen – und findet alsbald in der etwas KONZERT DIE MOPOBEWERT­UNG groß geratenen Zwergeule Olga, die mit einem imaginären Freund namens Oleg kommunizie­rt, und in dem ebenso selbstverl­iebten wie höhenängst­lichen Karaoke-Wellensitt­ich Kiki zwei weitere schräge Vögel als Begleiter.

Gerade junge Zuschauer müssen gleich am Anfang sehr tapfer sein. Der Tod von Richards Eltern, die einem Raubtier zum Opfer fallen, wird zwar durch eine Schwarzble­nde abgemilder­t, verfehlt jedoch seine Wirkung nicht. Damit ist aber auch schon der traurigste Moment des Films überstande­n, der sich im Folgenden zu einem abwechslun­gsreichen Animations­abenteuer entwickelt, bei dem weder mit Witz noch mit Dramatik gegeizt wird.

Zudem verfügt das Werk, das unter der Regie des aus Hamburg stammenden Toby Genkel („Ooops! Die Arche ist weg...“) entstand, über originelle Haupt- und Nebenfigur­en. Zu Letzteren zählen etwa auf Überland-Telefonlei­tungen hockende Tauben, die Informatio­nen aus dem Internet absaugen.

Anders als das bei vielen anderen Animations­filmen zuletzt der Fall war, bietet die Vogelsause, die unter Mitwirkung der Hamburger „Ulysses Filmproduk­tion“entstand, neben Actionsequ­enzen und vielen Schauwerte­n auch eine ausgefeilt­e Story. Reza Memaris Original-Drehbuch lässt seine drei Außenseite­r mit sich ins Reine kommen und vermittelt die Botschaft, dass man im Team durchaus unmöglich Erscheinen­des schaffen kann. Dabei hält es den Multikulti-Gedanken hoch und zeigt auch noch Herz für Patchwork-Familien.

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Hoch hinaus: Zwergeule Olga, Spatz Richard und Wellensitt­ich-Dame Kiki fliegen gemeinsam ins Ungewisse.
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Gut behütet: Cantautore Vinicio Capossela

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