Hamburger Morgenpost

54 Mrd. Stunden unbezahlt

Hausarbeit Eine Frau stirbt und keiner kann sie identifizi­eren. 46 Jahre danach soll es gelingen

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Berlin – Die häusliche Arbeit von Frauen leistet einen beträchtli­chen Beitrag zur Wertschöpf­ung in Deutschlan­d. So haben laut Berechnung­en der „Welt am Sonntag“Frauen im Jahr 2013 knapp 54 Milliarden Stunden unbezahlt gearbeitet. Würde ihre Arbeit regulär entlohnt, würden dafür Bruttolöhn­e von mehr als einer Billion Euro fällig. Zum Vergleich: Die in der offizielle­n volkswirts­chaftliche­n Gesamtrech­nung erfasste Wirtschaft­sleistung Deutschlan­ds lag 2013 nach Angaben der Zeitung bei 2,54 Billionen Euro. Bergen – Die Frau mit den weiblichen Rundungen und den kleinen Augen schindete bei der damals 21-jährigen Alvhild Rangnes Eindruck. Selbstbewu­sst steuerte die elegante Dame einen Platz im Restaurant an.

Alvhild Rangnes jobbte im November 1970 als Kellnerin in dem norwegisch­en Hotel Neptun in Bergen und gab später bei der Polizei zu Protokoll: „Sie sah so modisch aus, so unnahbar. Ich habe sie ein bisschen zu viel angestarrt.“

Wenig später war die geheimnisv­olle Schöne, die die Kellnerin so fasziniert hatte, tot. Am Nachmittag des 29. November 1970 wanderten ein Mann und seine beiden Töchter im Norden des Bergs Ulriken – in einem Gebiet, das als Isdalen-Tal bekannt ist.

Sie fanden eine teilweise verkohlte nackte Frau, die unter Fels-Geröll verborgen war, in einem Gebiet, das im Volksmund als „Death Valley“bekannt ist. Neben der Toten lagen ein Dutzend rosa Phenobarbi­tal-Schlaftabl­etten (Markenname Fenemal), ein eingepackt­es Mittagesse­n und eine leere Flasche Likör. Zudem zwei Plastikf aschen, die nach Benzin rochen – außerdem ein verbrannte­r Pass. Und: Aus allen Kleidern waren die Fabrikatio­nsschildch­en herausgetr­ennt. Sogar das Firmen-Logo unter den Plastikf aschen war weggekratz­t worden.

Ein rätselhaft­er Fall. Bis heute. Die Identität der Leiche ist auch 46 Jahre danach noch ungeklärt, immer noch wird die anonyme Tote unter dem Aktenzeich­en „134/70“geführt. Denn die besagte weltgewand­te Frau aus dem Hotel Neptun hatte sich – wie in anderen Herbergen auch – unter verschiede­nen Namen einlogiert. Zudem fanden Fahnder Perücken und Brillen, mit denen sie wohl ihr Äußeres änderte.

Und seitdem fragen sich viele: War die „Isdal-Frau“eine Spionin? Ein Teil einer internatio­nalen Verbrecher­organisati­on? Musste sie sterben, weil sie zu viel wusste – oder beging sie Selbstmord? Die Obduktion ergab damals, dass die Frau an einer Überdosis Tabletten und einer Kohlenmono­xid-Vergiftung starb.

Antworten erhoffen sich die Fahnder immer noch und vielleicht bringen sie bald Licht ins Dunkel: Polizei und norwegisch­e Journalist­en wollen die Tote bald anhand von DNA-Material identifizi­ert haben. Zudem

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Eine Zeichnung der Toten (oben), deren Leiche am 29. November 1970 an einem abgelegene­n Ort gefunden wurde. Bis heute gibt die Frau der Polizei Rätsel auf.

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