Von der Wirklichkeit längst überholt
Beklemmung, aber wenig Neues: Schorsch Kameruns Oper „Katastrophenstimmung“
Die Bühne ein Glaskasten, das Geschehen ein Experiment: Was passiert, wenn wir uns abschotten, fragt Autor und Punk-Musiker Schorsch Kamerun in „Katastrophenstimmung“im Malersaal. Und lässt dann in seinem fiktiven Stadtstaat Betonville Fetzen aktueller Welt-Geschehnisse aufeinanderprallen, die mal an Nordkoreas Kim Jong Un, mal an Donald Trump erinnern: „Heute ist der erste Tag, an dem unsere Ängste enden“– oder eben erst recht aufkeimen.
„Eine Oper zum Weglaufen“hat Kamerun seine Inszenierung untertitelt. Und in der Tat verstören die schrägen Songs ebenso wie das Bühnengeschehen: Schafft Kamerun doch mit Monitoren und Live-Übertragungen von einer Veranstaltung seines Diktators am Theatereingang eine skurrilreale Atmosphäre. „Dr. Rosey sagt die Wahrheit – willkommen all jene, die sie hören wollen“, tönt es von der Kirchenallee herein, wo ebendieser Dr. Rosey den totalitären Staat propagieren lässt.
Fake-News, Twitter und Facebook lassen grüßen, aktuelle Weltpolitik klingt immer wieder an. Hier Willkür – dort Ohnmacht. Hier multimediale Unterdrückung – dort Aufbegehren des Einzelnen: Das reicht für 90 Minuten beklemmender Düsternis. Nur wirklich neu ist solch ein Theater aus real-irrealen Worten, Bildern und Musiken nicht. Vor allem aber: Die Wirklichkeit hat in ihrer Absurdität solch eine Fiktion längst überholt.
Malersaal: Kirchenallee 39, 15.17.5, jeweils 20 Uhr, Karten (22 Euro): 24 87 13