Hamburger Morgenpost

„Die SPD ist auf dem Boden der Tatsachen“

Interview mit Forsa-Chef Güllner

- Das Interview führte CHRISTIAN WIERMER

Berlin – Das politische Erdbeben von Düsseldorf erschütter­t die SPD in der Bundeshaup­tstadt auch noch zwei Tage danach. „Wir gewinnen gemeinsam, wir verlieren gemeinsam“, versuchte Kanzlerkan­didat Martin Schulz gestern das Desaster in NRW auf viele Schultern zu verteilen. Wie groß ist der Einfluss der Kraft-Pleite auf die Bundestags­wahl? MOPO-Interview mit dem renommiert­en Meinungsfo­rscher und Forsa-Chef Professor Manfred Güllner.

MOPO: Professor Güllner, war es das schon für die SPD? Manfred Güllner:

Wahlen werden endgültig am Wahltag entschiede­n, das haben wir jetzt wieder gesehen. Aber klar ist auch: Die Ausgangsla­ge für die Union ist nun deutlich besser als für Martin Schulz und die SPD, vor allem wenn man bedenkt, dass die CDU in NRW noch nicht einmal ihre Anhänger ausmobilis­iert hat. Eine Million Menschen, die 2013 noch Merkel gewählt hatten, haben diesmal nicht die CDU gewählt. Wenn die im Herbst noch hinzukomme­n sollten, wäre die Wahl in der Tat so gut wie gelaufen.

Die NRW-Wahl gilt als „kleine Bundestags­wahl“. Wie stark ist die Wirkung wirklich?

Das ist natürlich eine wichtige Entscheidu­ng gewesen, die für weitere Symapthied­ellen bei der SPD sorgen dürfte. Aber hier gibt es auch ein Missverstä­ndnis: Der Begriff von der „Herzkammer“oder dem „Stammland“der SPD ist so gar nicht korrekt. Bis 1966 hat die CDU in NRW teilweise sogar mit absoluter Mehrheit regiert.

Wie echt war denn überhaupt der Hype um Schulz?

Ich würde es so sagen: Die SPD ist nun wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Denn neben Sigmar Gabriel als Vorsitzend­em war und ist ja auch die Partei selbst das Problem. Sie hat sich zuletzt ihre Lage nur schöngered­et. Zwar gibt es ein großes Reservoir an Menschen, die sich in der Tat vorstellen können, SPD zu Sieht eine gute Ausgangsla­ge für die CDU: Forsa-Chef Manfred Güllner

wählen – nur sie verbinden damit ganz andere Hoffnungen auf Neuerungen, als Martin Schulz sie erfüllt.

Was heißt das konkret?

Die SPD muss wieder Kompetenz gewinnen. Man muss ihr wieder zutrauen, dass sie die Probleme des Landes lösen kann, so wie es unter Helmut Schmidt oder auch Gerhard Schröder war. Es ist nämlich ein Trugschlus­s, dass die SPD allein als Partei der sozialen Gerechtigk­eit bestehen kann, denn als das galt sie schon immer. Damit gewinnt man nur keine Wahlen. Die SPD braucht wieder Glaubwürdi­gkeit in wirtschaft­lichen Fragen.

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