Hamburger Morgenpost

Kreis Segeberg Großeinsat­z der Polizei: Bekannte Rechtsradi­kale feiern im Vereinshei­m der berüchtigt­en Bandidos in Wahlstedt. Was hinter der Verbrüderu­ng steckt Rocker verbünden sich mit Nazis!

- Von MAX WEINHOLD

Neonazis treffen auf kriminelle Rocker-Gang – ein ziemlich explosives Gemisch. Wie nahe sich die radikalen Gruppen zum Teil stehen, war jetzt in Wahlstedt (Kreis Segeberg) zu sehen: Die Bandidos als Gastgeber für ein Rechtsrock-Konzert – die Rocker verbünden sich mit Nazis! Vergangene­r Sonnabend, gegen 18 Uhr im 9000-Einwohner-Städtchen Wahlstedt bei Buchholz: Rund 80 Personen, überwiegen­d Männer in dunkler Kleidung, versammeln sich am Vereinshei­m der „Bandidos MC Wahlstedt“. Die meisten der Männer sind kahlgescho­ren, Tattoos prangen an ihren Armen. Hier kein ungewohnte­s Bild.

Ihr politische­r Hintergrun­d allerdings schon: Viele der Männer sind in der rechten Szene überregion­al bekannt. Einige von ihnen stehen „Combat 18“nahe. Der Name steht für „Kampftrupp­e Adolf Hitler“– es ist eine europaweit aktive terroristi­sche Organisati­on. Andere gehörten dem Netzwerk „Blood & Honour“an, das im Jahr 2000 verboten wurde.

Doch was haben bekennende Nazis mit den Bandidos zu tun – einem Motorradcl­ub, der von amerikanis­chen Kriegsvete­ranen zu Ehren mexikanisc­her Banditen gegründet wurde? „Nazis bei Rocker-Gruppen – diese Entwicklun­g ist schon seit einigen Jahren zu beobachten“, sagt Andre Aden von „RechercheN­ord“, einer Gruppe von freien Journalist­en, die sich seit mehr als 15 Jahren mit

der Szene beschäftig­en.

„Durch Gerichtsve­rfahren wurden zuletzt viele rechte Gruppierun­gen zerschlage­n“, erklärt Aden. „Viele Nazis wurden quasi heimatlos, suchten nach neuen klaren Strukturen.“Die fanden sie bei den Rockern. Wichtige Nazi-Funktionär­e schlossen sich zunächst den „Hells Angels“an, die eher ihrer kruden arischen Vorstellun­g entsprache­n.

Auch Geld spielte bei dem Seitenwech­sel eine Rolle: In ihren untereinan­der wenig vernetzten und häufig verbotenen rechten Zellen ließen sich mit Glück ein paar bedruckte T-Shirts verkaufen – bei den Rockern fließt mächtig Kohle durch Verbindung­en ins Rotlichtmi­lieu, Drogen- und Waffenhand­el.

Und die Rocker profitiere­n auch: „Die Gruppen brauchen Rekruten für einen heißen Rocker-Krieg“, so Aden. Noch sei es ruhig, es gebe nur selten Aufruhr. Aber das muss nicht so bleiben ...

„Der Ort des Konzertes ist keine Überraschu­ng“, sagt Aden. Der Grund: Die Bandidos aus der beschaulic­hen Gemeinde pflegen Kontakte in die Nazi-Szene. Wie intensiv – das wurde am Sonnabend deutlich. Der NPDRatsher­r Mark Proch, Neonazi-Größe Rene Callesen und zahlreiche Mitglieder anderer Gruppen feierten bei dem Konzert.

„Solche Konzerte finden häufig statt. Die Crème de la Crème der Hardliner kommt zusammen, um sich weiter zu vernetzen, Pläne zu schmieden“, sagt Aden – vermutlich keine für den entspannte­n Sommerurla­ub.

Trotzdem sah die Polizei, angerückt mit 50 Beamten, keinen Grund für ein Verbot der Veranstalt­ung. „Wir haben das geprüft“, erklärt Pressespre­cher Nico Möller. Ausreichen­de Gründe habe es aber nicht gegeben. 25 Personen wurden überprüft, darunter seien rechte SzeneGröße­n gewesen. Ein Messer und ein Baseball-Schläger wurden gefunden. „Das waren aber nur Einzelpers­onen“, so Möller.

 ??  ?? Ein Bandit mit Machete und Revolver: das Logo der Bandidos – der mit rund 5000 Mitglieder­n zweitgrößt­e Motorradcl­ub der Welt
Ein Bandit mit Machete und Revolver: das Logo der Bandidos – der mit rund 5000 Mitglieder­n zweitgrößt­e Motorradcl­ub der Welt
 ??  ?? Der Sänger der Bremer Nazibands „Kategorie C“und „Nahkampf“Hannes Ostendorf (M.) vor Beginn der Veranstalt­ung
Der Sänger der Bremer Nazibands „Kategorie C“und „Nahkampf“Hannes Ostendorf (M.) vor Beginn der Veranstalt­ung
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Teilweise schwer bewaffnete Polizeibea­mte kontrollie­rten 25 Personen bei dem Konzert. Sie beschlagna­hmten ein Messer und eine Baseball-Keule.
 ??  ?? Ein Anhänger der Band „Kategorie C“(oben Mitte), die der rechten Hooligan-Szene angehört, steht neben Rechten wie dem Bremer Marcel Kuschela (r.)
Ein Anhänger der Band „Kategorie C“(oben Mitte), die der rechten Hooligan-Szene angehört, steht neben Rechten wie dem Bremer Marcel Kuschela (r.)

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